Anotylus hamatus FAIRMAIRE & LABOULBÈNE 1856

Schülke, M., 2009, Zur Taxonomie und Faunistik westpaläarktischer Staphylinidae (Coleoptera: Staphylinidae: Omaliinae, Oxytelinae et Tachyporinae), Linzer biologische Beiträge 41 (1), pp. 803-844 : 805-807

Anotylus hamatus FAIRMAIRE & LABOULBÈNE 1856

= Oxytelus affinis CZWALINA 1871 , nov.syn.

U n t e r s u c h t e s M a t e r i a l: Bulgarien: Weliko Tarnowo, 25. VII.1984, leg. Opitz, 1 Ex. ( MNHUB) ; China: Gansu, Xiahe (= Labrang ), 35°11.5’N, 102°30.6’E, 2940 m, 19.-22. VI.2005, leg. Hájek, Král & Růžička, Grasland, in Bauen und an Exkrementen von Marmotta himalayana, 15 Ex. (cSch) ; Deutschland: Baden-Württemberg, Forchheim , 10.V.1987, 29.IV.1987, leg. Gladitsch, 2 Ex. (cSch) ; Baden-Württemberg, Wimpfen , leg. Scriba, 13 ( NHMW) ; Hessen, Wattenheim , 2 Ex. ( NHMW) ; Hessen, leg. Rosenhauer, 5 Ex. ( NHMW) ; Rheinland-Pfalz, Odernheim, Streuobst-Projekt , 19. VII.1988, leg. M. Niehuis, 1 Ex. (cAss) ; Rheinland-Pfalz, Kindenheim , 13 ( NHMW) ; Sachsen, Leipzig , 9.IX.1979, leg. Köberlein, 3 Ex. ( MNHUB) ; Finnland: Karislojo, J. Sahlberg, 13 ( NHMW) ; Italien: Milano, Bruzzano , 15.IV.1959, leg. Rosa, 2 Ex. ( NHMW) ; Biella, Sagliano , 23. VI.1958, leg. Rosa, 1 Ex. ( NHMW) ; Gardasee, Arco , VI.1989, leg. V. Assing, 2 Ex. (cAss) ; San Remo , leg. Schneider, 3 Ex. ( NHMW) ; Kasachstan: Region Almaty, Koktyube , 700 m, 14.-28. VI.2002, leg. A. Putchkov, 5 Ex. (cSch, cAss) ; Österreich: Vorarlberg, Feldkirch, 1 km S Illspitz, unter trockenem Wasservogelkot , 26. VIII.1998, leg. A. Kapp, 1♀ (cAss) ; Steiermark, Bezirk Hartberg, Tierpark Herberstein , 1. V.1999, leg. E. Holzer, 13 (cAss) ; Niederösterreich, Langenzersdorf , leg. Luze, 9 Ex. ( NMHW) ; Umgebung Wien, 5 Ex. ( MNHUB, cSch) ; Polen: Liegnitz, Gerhardt , 8 Ex. ( NHMW, MNHUB) ; Liegn. [Liegnitz], 2 Ex. ( MNHUB) ; Rumänien: Rodnaer Gebirge , Ganglbauer, 5 Ex. ( NHMW) ; Schweiz: Bern, Bätterkinden , 9.IX.1979, leg. Kiener, 11 Ex. ( MHNG) ; Genf, Russin , 14. VIII.1986, leg. Besuchet, 3 Ex. ( MHNG) ; „N-glatt“ 1 Ex. ( MHNG) ; Moneto , IV.1976, Toumayeff, 1 Ex. ( MHNG) ; Gambarogno , 1600 m, VI.1968, Toumayeff, 1 Ex. ( MHNG) ; Grisons, VII.1995, leg. Besuchet, 2 Ex. ( MHNG) ; Genf, Les Baillets , VII.1985, leg. Besuchet, 1 Ex. ( MHNG) ; Genf, Malagnou , 10.IX.1951, 1 Ex. ( MHNG) ; Genf, Corsier-Port , 7. VI.1988, 2 Ex., leg. Besuchet ( MHNG) ; Nicht zuzuordnen: „Miller“, 1864, 1865, ohne Fundort, 2 Ex. ( NHMW) ; „ Oesterreich “, Wanka , 1 Ex. ( NHMW) ; „ Austria “, 4 Ex. ( MNHUB) ; ohne Fundort , coll. Türk, 6 Ex. ( NHMW) .

Oxytelus affinis , beschrieben aus Königsberg ( CZWALINA 1871: 420), wurde bereits von EPPELSHEIM (1887) mit O. hamatus , beschrieben aus der Umgebung von Paris (FAIRMAIRE & LABOULBÈNE 1856: 612), synonymisiert. Spätere Autoren (GANGLBAUER 1895, BERNHAUER & SCHUBERT 1911, REITTER (1909), SCHEERPELTZ 1933) folgten dieser Deutung. Erst BERNHAUER (1939) und SCHEERPELTZ (1962) betrachteten die Art auf Basis von Unterschieden in der Ausbildung der männlichen sekundären Geschlechtsmerkmale an den Sterniten VII und VIII wieder als valid. Dieser Auffassung schloss sich auch LOHSE (1964) an, bemerkte aber dazu: " möglicherweise nur eine Form des Vorigen". BERNHAUER (1939) gibt für beide Arten identische Verbreitungen an ( O. hamatus: Mitteleuropa , Finnland, Italien; O. affinis : Deutschland, Österreich, Finnland, Italien), SCHEERPELTZ (1962) versucht beide Arten geographisch zu trennen ( O. hamatus : westliches Mitteleuropa, Nordwest-, West- und Südwest-Europa, westliches Mediterraneum; O. affinis : Mittel-, Nordost-, Ost-, Südost-Europa, östliches Mediterraneum). Leider beruhen seine Angaben nicht auf wirklich überprüftem Material. Vergleicht man die bei SMETANA (2004) für beide Arten verzeichneten Angaben, fällt zunächst auf, dass auch spätere Autoren offensichtlich Schwierigkeiten hatten die beiden Taxa geographisch zu trennen ( O. affinis : Österreich, zentrales Russland (inklusive Region Kaliningrad), Estland, Finnland, Deutschland, Ungarn, Italien, Lettland, Schweiz; O. hamatus : Österreich, Belgien, Bosnien-Herzegowina, Bulgarien, Tschechische Republik, Estland, Finnland, Frankreich, Grossbritannien, Deutschland, Ungarn, Italien, Lettland, Norwegen, nördliches Russland, Rumänien, Slowakei, Schweden, Schweiz, Kasachstan, Mongolei). Zudem fehlt entgegen der Mitteilung von SCHEERPELTZ (1962) jeglicher Nachweis einer der beiden Arten aus dem Mediterrangebiet, was man auch schon bei HORION (1963) nachlesen kann, der an der Verschiedenheit beider Taxa zweifelt und lediglich eine unbestätigte Meldung aus Portugal kennt.

Alle vorliegenden Exemplare besitzen im männlichen Geschlecht an den Sterniten VII und VIII deutliche Auszeichnungen. Dabei variiert die Grösse und Form des Spitzendorns an Sternit VIII, er bleibt aber in ventraler Ansicht immer symmetrisch. Das stark abgeleitete Sternit VII (Abb. 1a) trägt vor dem in der Mitte kurz eingeschnittenen Hinterrand zwei schräge Kielchen, die mit zwei grösseren Tastborsten und einer Anzahl feiner haarförmiger Borsten versehen sind. Die grösseren Tastborsten sind auch unter dem Binokular immer sichtbar, die feine Beborstung, deren Umfang variabel ist, oft nur im Durchlichtmikroskop. Unterschiede im Bau des Aedoeagus konnten zwischen europäischen, mittelasiatischen und chinesischen Exemplaren nicht festgestellt werden. Wenn man die Variabilität der sekundären Geschlechtsmerkmale, den einheitlichen Aedoeagus und die bekannte Verbreitung betrachtet, kann man nur zu der Schlussfolgerung gelangen, dass es sich um eine ausserordentlich variable Art mit sibirischem bzw. mongolischem Verbreitungstyp handelt. Eine ähnliche Variabilität ist auch von anderen Arten der Artengruppe bekannt, so von dem nahe verwandten Anotylus bernhaueri GANGLBAUER 1898 , der von BERNHAUER (1936, 1939) nach ähnlichen Abweichungen im Bau der 3- Sternite VII und VIII ebenfalls noch zwei Mal beschrieben wurde. Anotylus affinis (CZWALINA) wird deshalb mit Anotylus hamatus FAIRMAIRE & LABOULBÈNE synonymisiert. Typenmaterial von A. hamatus und A. affinis lag nicht zur Untersuchung vor. Typenmaterial von A. hamatus befindet sich eventuell im Museum Paris (Sammlung Laboulbène). Nach Angaben der Online-Datenbank des DEI (http://www.zalf.de/ home_zalf/institute/dei/php/biograph/biographie.php) vom 22.09. 2008 gingen die Staphyliniden der Sammlung Czwalina: " Coleoptera : Staphylinidae an Moczarski-Breit- Winkler / Wien; Coleoptera und Diptera aus Ostpreussen an Zool. Mus. Königsberg". Die Sammlung im Museum Königsberg wurde 1945 vernichtet, im NHMW waren Typen von A. affinis in den angegebenen Sammlungen bzw. in der Sammlung Scheerpeltz nicht aufzufinden (H. Schillhammer, Mail vom 28.08.2008). Nachweise von A. hamatus aus China waren bisher nicht bekannt.

Abb. 1: 3-Sternit VII von Anotylus hamatus FAIRMAIRE & LABOULBÈNE 1856 (a), 3-Sternit VIII (b) und Aedoeagi (c, d) von Platystethus burlei BRISOUT DE BARNEVILLE 1862 (c) und P. nitens SAHLBERG 1832 (d), Aedoeagus des Lectotypus von Thinobius rossicus BERNHAUER 1909 (e). Massstab 0,2 mm (b, c), 0,1 mm (a, d, e).