Gervaisia fabbrii, K. W. Verhoeff, 1929

K. W. Verhoeff, 1929, Arthropoden aus südostalpinen Höhlen., Mitteilungen über Höhlen- und Karstforschung 1929, pp. 41-55 : 47-51

publication ID

Verhoeff-1929-Gervaisia-fabbrii

DOI

https://doi.org/10.5281/zenodo.6287769

persistent identifier

https://treatment.plazi.org/id/8528CF95-0376-0965-E6D9-D0C2976450BE

treatment provided by

Teodor

scientific name

Gervaisia fabbrii
status

n. sp.

12. Gervaisia fabbrii View in CoL n. sp. 1 ♀ 5 1/4 mm, ♂ 4 mm lg.

Von allen bisher bekannt gewordenen Gervaisia-Arten, welche jederseits 4-6 pigmentierte und mit gewölbten Cornealinsen ausgerüstete Ocellen besitzen, sehr auffallend ausgezeichnet durch das völlige, restlose Fehlen der Ocellen. Dafür zeigen die Schläfenorgane eine Vergrößerung, welche sich am deutlichsten durch Folgendes feststellen läßt:

Während sie nämlich bei den sehenden Arten um das 1 1/2 fache ihres Längsdurchmessers vom Hinterrande entfernt sind, bleiben sie bei fabbrii wegen ihrer Vergrößerung nicht ganz um ihren einfachen Längsdurchmesser vom Hinterrand entfernt.

An den Antennen ist eine gewisse Verlängerung zu bemerken. Denn während bei den sehenden Arten das 6. und größte Glied derselben etwa 2 1/2 mal länger als breit ist bei Seitenansicht und an der Basis unten stark eingeschnürt, wird es hier dreimal länger als breit und ist unten gegen die Basis allmählicher verschmälert. Da in Anpassung an die Kugelung die Antennen seitlich komprimiert sind, erscheint das 6. Glied von oben betrachtet natürlich noch viel schmäler.

Hinterhaupt mit geschwungener Leiste wie bei den anderen Arten und außen an deren Ende zahlreiche Wärzchen und vor ihr außen eine abgekürzte Wärzchenkette. Aber die Wärzchen finden sich auch in dem Gebiet, in welchem bei den anderen Arten die Ocellen stehen, und rings um das Schläfenorgan außen stehen zahlreiche, ziemlich lange Borsten ab.

In den niedrigeren Rippen der Tergite mit apenninorum Verh. übereinstimmend und dadurch von noduligera , illyrica und multiclavigera Verh. unterschieden, aber von apenninorum abweichend durch das hinten senkrecht abstürzende vorletzte Tergit, durch dickere Stäbchen auf den Querrippen (bt Abb. 4) und durch den Mangel jenes dichten Gerinnsels, welches bei apenninorum namentlich die Vordertergite bedeckt. Das Gerinnsel ist vielmehr so spärlich entwickelt, daß auf den Vordertergiten die zahlreichen kleinen glasigen Fensterchen (gf) sehr deutlich sichtbar sind.

Statt der kräftigen Hinterrandhöckerchen, wie sie für noduligera und illyrica bezeichnend sind, finden sich hinter den stäbchenführenden Querrippen je zwei Reihen feiner und besonders am 8.-10. Tergit sehr deutlicher Knötehen bis kurzer Stäbchen, wodurch diese Art auch von multiclavigera auffallend abweicht. In Abb. 4 ist allerdings von diesen Hinterrandknötchen k 2 nur eine Reihe zu sehen, weil gerade von oben her die andere Reihe verdeckt wird.

Unter den Hinterrandknötchen sind keine Höckerchen zu erkennen. Die Seitensäulen (sf) und Grubensäulen (f) sind verhältlich klein, die Ersteren an den Mitteltergiten von etwa doppeltem Durchmesser der Letzteren.

Am 4. Tergit finden sich 9+9 runde bis quer-ovale Grubenäulen, am vorletzten Tergit deren 10+10, wobei der Abstand derselben wie auch aus Abb. 4 ersichtlich, ein verschieden großer is.

Vor den Querrippen besitzen die Mitteltergite 1-2 Vorreihen rundlicher Knötchen (k 1), unter denen sich mikr, ebenfalls keine Höckerchen erkennen lassen.

Die Querrippen (r) erscheinen an den Mitteltergiten seitlich einheitlich, während im mittleren Drittel sich quere Höcker unterscheiden lassen. Auf den Querrippen sitzen teils halbkugelige bis quere Wülste, teils dicke Stäbchen von verschiedener Gestalt und feinkörniger Struktur (bt).

Das Brustschild allein besitzt zwei Querrippen, welche vollständig aus getrennten, vorwiegend queren Höckern bestehen. Beide Rippen vereinigen sich unterhalb der Ohrgruben, die sie im Halbkreis umziehen. Die vordere Querrippe ist im mittleren Drittel in vier getrennte, quere Höcker aufgelöst.

Hinter der vorderen Rippe und oberhalb der Ohrgrube mehrere Höcker verschiedener Größe. Eine Vorreihe von Höckerchen zieht quer vor der hinteren Rippe. Hinter ihr finden sich keine Höckerchen, aber auch hier zwei Reihen von Sekretknötchen. Uebrigens sind alle Höckerchen des Brustschild, soweit sie nicht Stäbchen tragen, mit Sekretknötchen besetzt. Die Ohrgrube enthält eine elipsenförmige Leiste, welche außen etwas offen ist und wird außen von dieser Oeffnung noch von einer zweiten gekerbten Bogenlinie umfaßt. An den Ohrgruben ist weder innen eine vollständige Querlinie vorhanden, noch ist die äußere Wärzchenleiste vollständig. Dieselbe fehlt vielmehr hinten und innen und bildet statt einer vollständigen Ellipse, nur einen vorn und außen ziehenden Bogen. Man sieht an dieser Art mit ungewöhnlicher Deutlichkeit, daß die Ohrgrube auch mit einer Säule verbunden ist, und zwar ist dieselbe rund und besteht wie auch die andern aus konzentrischen Schichten. Sie liegt zur größeren Hälfte unter dem Vorderdrittel der Ohrgube, zur kleineren Hälfte vor derselben. Die meist ovalen kleinen Grubensäulen, welche sich unter dem Gerinnsel schwer zählen lassen, sind nicht größer als an den Mitteltergiten. Die äußerste derselben liegt innen schräg hinter der Ohrgrube und genau hinter der Ohrgrubensäule, sehr abweichend von den Mitteltergiten.

Der Kragen der Ohrgrube außen rings um dieselbe besitzt zwei warzige Bogenlinien, eine vollständige äußere und eine abgekürzte innere. (Vergleiche Abb. 3 und 4 in meinem 25. Diplopoden Aufsatz, Zool. Anzeiger N. 24, Okt. 1906.)

Telotergit im mittleren und hinteren Drittel mit zahlreichen zerstreuten Höckerchen, die sich im mittleren Drittel in der Mitte befinden über den 4+4 Grubensäulen (Abb. 5 und 6, f) zusammengedrängt, im hinteren Drittel verteilen sie sich vor dem ganzen interrand. Diese zahlreichen Höckerchen sind teib mit Knötchen, teils mit Stäbchen besetzt. Die 4+4 Säulen (Abb. 5) sind durchschnittlich ungefähr um ihren eigenen Durchmesser voneinander und um das meist dreifache desselben von der Hinterrandleiste entfernt.

17. Beinpaar des ♂ von dem bekannten rudimentären Bau.

18. Beinpaar des ♂ mit starken Syncoxitkegeln, die durch halbkreisförmige Bucht getrennt werden. In der Tiefe der Bucht ragt ein Höcker heraus.

Das Syncoxit der Telopoden ähnelt Abb. 18 von noduligera im zitierten 25. Aufsatz, doch ist der Lappen entschieden höher und nicht behaart. Tarsus hakig stark eingebogen, viel stärker als in Abb. 17 der noduligera im 25. Aufsatz. Femorallappen sehr lang und kegelig, fast das Ende des Tarsus berührend, Tibiallappen hakig eingebogen. Tibia innen unter stumpfem Winkel vorragend, zugleich reichlich 1 1/2 mal länger als breit. Durch das Fehlen eines Tibialhöckers und den kegeligen Femorallappen ebenfalls unterschieden von apenninorum Verh. (Man vergleiche Abb. 8 in meinem 89. Diplopoden-Aufsatz, Zool. Anzeiger N. 18, Januar 1908.)

Bezugnehmend auf meinen Gervaisia-Schlüssel S. 528 in diesem 29. Aufsatz mache ich noch darauf aufmerksam, daß fabbrii hinsichtlich seiner Querrippen zwischen B, c und B, d eine Mittelstellung einnimmt soweit die Mitteltergite in Betracht kommen, nach dem Brustschild dagegen entschieden zu B, d gehört. Daß bei acutula Latz . auch am Brustschild die beiden Querrippen durch Verschmelzung der Höcker ein mehr einheitliches Gepräge zeigen, ersieht man aus meiner Abb. 3 im 25, Aufsatz.

Vorkommen: 2 ♂ 1 ♀ dieser hübschen Art stammen aus dem Innern der Höhle Villanova b. Tarcento in Friaul. (Siehe unten!)

Anmerkung 1: Alle bisher bekannt gewordenen Gervaisia-Arten sind peträisch-subterraner Natur und halten sich zugleich mit Vorliebe in dunklem lockeren Humus auf. Wiederholt sind auch z. B. von mir im südlichen Siebenbürgen die costata-Latz. in Höhlen gefunden worden, so daß eine gewisse Vorliebe für diese nicht zu verkennen ist. Trotzdem war bisher keine Form bebekannt, bei welcher sich irgendeine Anpassung an Höhlenleben nachweisen ließe, obwohl der Habitus aller Gervaisien, namentlich auch ihr weißlicher, pigmentarmer Körper den Unkundigen veranlassen kann, in diesen Tieren Höhlentiere zu erblicken.

Ganz anders steht es mit G. fabbrii , denn chese ist zweifellos ein echter Troglodyte nach dem vollständigen Fehlen der Ocellen, der Vergrößerung der Schläfenorgane und Antennen und einigen anderen besprochenen Merkmalen. Auch die Spärlichkeit des Rückengerinnsels kommt hier in Betracht, da dasselbe bei einem Höhlentier verminderte Bedeutung hat.

Während wir bei den Androniscus - Formen einen allmählichen Uebergang vor uns haben von einem großen, stark pigmentierten Ocellus über kleineren und kleinsten Ocellus bis zum vollständigen Verschwinden desselben, sehen wir bei Gervaisia einen schroffen Gegensatz einerseits die bisher bekannten Arten mit 4-6 sehr gut entwickel ten großen Ocellen und andererseits die völlig blinde G. fabbrii . Ob es zwischen diesen Extremen auch bei Gervaisia noch eine Vermittlung gibt, muß die Zukunft lehren.

Anmerkung 2: Herr Straßer schrieb mir über das vorstehend beschriebene Tier Folgendes: "Einen seltsamen Fund machte ich in etwa 220 m Tiefe in einem Sandsteingang, welcher von einem Bächlein durchflossen wird. Es ist nämlich merkwürdig, daß die Höhle meist in Sandstein streicht, der nur ab und zu von Kalkpartien unterbrochen wird, so daß Sinterbildungen nur auf einzelnen Strecken vorkommen. Auf den sandbedeckten Wänden dieses Ganges fand ich einige kleine hellgraue Glomeriden, und zwar neben drei lebenden eine ganze Anzahl toter, welche sofort zerfielen. In den oberen Teilen der Höhle hatte ich diese Glomeride nüht gefunden."

Anmerkung 3: Durch das Verhalten der oben besprochenen Schläfenorgane der G. fabbrii erhalten wir ein interessantes Gegenstück zu dem von mir und Hennings für einige blinde Lithobius - Arten nachgewiesenen Verhalten derselben Organe, d. h. beide Klassen haben unabhängig voneinander und trotz des verschiedenen Baues dieser übrigens bei beiden homologen Organe dieselbe Anpassung an das Höhlenleben erfahren, nämlich nach Verschwinden der Augen eine Vergrößerung der Schläfenorgane (Otuen).

Kingdom

Animalia

Phylum

Arthropoda

Class

Diplopoda

Order

Glomerida

Family

Glomeridae

Genus

Gervaisia

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