Alchemilla L.
publication ID |
https://doi.org/ 10.5281/zenodo.292251 |
persistent identifier |
https://treatment.plazi.org/id/90B1E437-A0BA-2B45-E268-E4ECE62B7D05 |
treatment provided by |
Donat |
scientific name |
Alchemilla L. |
status |
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Frauenmantel
Ausdauernde, 5 - 60 cm hohe Kräuter mit grundständiger Blattrosette oder 1 jährige Kräuter ohne grundständige Blattrosette ( A. arvensis und A. microcarpa ). Oberirdische, niederliegende, mit einer Blattrosette endigende, ausläuferartige Sprosse in der Artengruppe der A. alpina . Grundständige Blätter im Durchmesser 1,5-17 cm, im Umriß rundlich oder nierenförmig, behaart oder kahl, wenigstens bis auf ⅘, oft auch bis zum Grunde radiär 5-11teilig (bei A. pentaphyllea auch 3teilig); Abschnitte oval (wenn Blätter bis zum Grunde oder fast bis zum Grunde geteilt), halbkreisförmig, parabolisch, trapezförmig oder 3eckig, jederseits mit 3 - 12 Zähnen; Zähne meist spitz, selten stumpf, meist 0,5-1,5 mm lang, selten bis 3 mm lang, häufig so lang wie breit. Blattstiele behaart oder kahl; Haare anliegend bis senkrecht abstehend, selten rückwärts gerichtet. Stengel aufrecht, bogig aufsteigend oder niederliegend; Behaarung wie an Blattstielen oder kahl. Blüten zwitterig, in dichten bis lockeren Knäueln, einen rispigen Blütenstand bildend oder von Nebenblättern umschlossen ( A. arvensis , A. microcarpa ). Blütenstiele behaart oder kahl. Blüten (Kelchbecher und Kelchblätter) 2-4 mm lang. Kelchbecher kürzer oder bis 2mal so lang wie die innern Kelchblätter, behaart oder kahl. Kelch doppelt: Innere Kelchblätter 4, 1-2 mm lang, meist spitz, gelbgrün oder grün; äußere Kelchblätter 4, zwischen den innern stehend, gelegentlich so groß wie die innern Kelchblätter, oft jedoch kleiner, von gleicher Farbe. Kronblätter keine. Staubblätter 4, zwischen den innern Kelchblättern stehend oder nur 1 Staubblatt und dieses vor einem innern Kelchblatt stehend ( A. arvensis , A. microcarpa ). Fruchtblatt 1, mit 1 Samenanlage. Griffel 1, grundständig, mit kugeliger Narbe. Frucht 1samig, vom weichen, glatten Kelchbecher umschlossen, zur Reifezeit mit der Spitze oft aus diesem herausragend.
Die Gattung Alchemilla umfaßt wahrscheinlich weit über 1000 Arten; sie hat hauptsächlich eurasiatisch-nordamerikanische Verbreitung (vor allem Gebirgspflanzen); zahlreiche Arten kommen auch in den Gebirgen Mittel- und Südamerikas, Afrikas und Südasiens vor; 1 jährige Arten (Sektion oder Gattung Aphanes ) sind als Ackerunkräuter weit verschleppt. In Europa kommen 250-300 Arten vor, davon etwa 100 Arten in den Alpen; artenreich ist auch der südwestliche Jura.
Rothmaler (1937) teilt die Gattung Alchemilla nach der Zahl und Stellung der Staubblätter in 3 Gattungen auf: Aphanes L. (Pflanzen 1 jährig; Staubblatt 1, vor einem Innenkelchblatt stehend), Lachemilla Rydb. emend. Rothm. (Pflanzen ausdauernd; Staubblätter 2, selten 3-4, vor den Kelchblättern des Innenkelchs stehend, Staubbeutel nach außen gerichtet), Alchemilla L. (Pflanzen ausdauernd; Staubblätter 4, zwischen den Kelchblättern des Innenkelchs stehend, Staubbeutel nach innen gerichtet). Die 3 Gattungen haben eine verschiedene Verbreitung: Aphanes: Mittelmeergebiet (im übrigen Europa eingeschleppt), atlantische Inseln, südostliches und pazifisches Nordamerika, atlantisches und pazifisches Südamerika, Südaustralien, Abessinien. Lachemilla: Anden von Kalifornien bis Chile. Alchemilla : Eurasiatisch-nordamerikanisches Gebiet, afrikanische Gebirge von Abessinien südwärts bis zum Kap, Madagaskar, Ceylon, Südindien, Java.
Arten der Gattung Alchemilla sind in allen Höhenlagen vorhanden; am zahlreichsten sind sie in den Gebirgen, bei uns in der subalpinen und alpinen Stufe (in den Tropen nur in den Gebirgen). Sie besiedeln fast alle Standorte, sind aber am häufigsten auf nährstoffreichen, feuchten Böden (oft anthropogen bedingte Standorte), entlang Wegen, Gräben, Bächen und an Quellen, an Waldrändern, in lichten Wäldern oder im Gebüsch, auf Weiden (besonders auf den nährstoffreichen Lägerstellen), in Wiesen der alpinen Stufe, weniger häufig auf Schutt und in Felsspalten. Die 1 jährigen Arten sind Ackerunkräuter, meist in sommertrockenen Gebieten (bei uns zudem im insubrischen Gebiet am Alpensüdfuß).
Apomixis in der Gattung Alchemilla wurde schon 1901 von Murbeck nachgewiesen und von Strasburger (1904) an verschiedenen Arten bestätigt. Beide Zytologen, die eng mit dem Systematiker Robert Buser in Genf zusammenarbeiteten, beschrieben ausführlich die apomiktische Entwicklung des Embryosackes und Störungen in der Entwicklung des Pollens. Diese Darstellungen sind seither mehrfach bestätigt worden ( Böös 1917 Böös 1920 Böös 1924, Gudjonsson 1941). Strasburger (1904) fand 3 Arten mit normal sexueller Fortpflanzung: A. pentaphyllea , A. glacialis und A. grossidens ; seither ist noch bei A. microcarpa normale sexuelle Fortpflanzung nachgewiesen worden (Walters 1949a). Die Frage ist noch offen, ob bei diesen Arten nicht teilweise apomiktische Fortpflanzung vorkommt. Der größte Teil der Alchemillaarten entwickelt keinen normalen Pollen, die Staubgefäße platzen nicht mehr. Süd- und ostafrikanische Alchemillen entwickeln normalen Pollen, die Embryosackentwicklung ist aber apomiktisch (Strasburger 1904, Hjelmqvist 1956). Als Chromosomengrundzahlen werden n = 7 und 8 angegeben. Die meisten Alchemilla arten sind hoch polyploid: an 13 auch bei uns vorkommenden Arten hat Turesson (1957) 2n = 101-110 festgestellt; an A. oxyodonta (Buser) C.G. West sogar 2n = 165-168. Die Chromosomenzahlen sind für die einzelnen Arten nicht konstant (vgl. Frequenztabelle von Turesson 1957). Zu ähnlichen Schlüssen kommt auch Wegener (1967), der bei 56 Arten die Chromosomenzahlen untersucht hat: 75% der Arten besitzen 2n = 96-110 Chromosomen; zwischen den Chromosomenzahlen und den äußern Merkmalen der Pflanzen besteht in der Regel kein Zusammenhang; Verwandtschaftsverhältnisse konnten aus den Chromosomenzahlen nicht abgleitet werden; die Chromosomengrundzahlen sind unsicher; ausführliche Diskussion aller zytotaxonomischen Untersuchungen. Die Chromosomen der apomiktischen Arten wurden in somatischem Gewebe (Wurzelspitzen) gezählt.
Von allen Spezialisten der Gattung Alchemilla wird die Konstanz der kleinen Artunterschiede über große geographische Gebiete (Eurosibirien) als einzig dastehendes Beispiel bei den Blütenpflanzen geschildert. Bei andern, weit verbreiteten und artenreichen Gattungen mit apomiktischen Arten (z.B. Hieracium, Taraxacum ), sind solche Sippen oft wenig weit verbreitet. Viele Alchemilla arten haben gleiche Verbreitungsareale und gleiche Disjunktionen. Selten sind in der Gattung Alchemilla die für unsere andern apomiktischen Gattungen so typischen postglazialen Endemismen. Diese Tatsachen lassen auf ein hohes Alter der Apomixis in der Gattung Alchemilla und auf eine besondere Stabilität des Erbgutes in dieser Gattung schließen. Turesson (1956) und Lundh-Almestrand (1958) konnten die Konstanz der Merkmale einiger Arten während 15-20 Jahren in ausgedehnten Kulturen bestätigen. Aus diesen Gründen wird (im Gegensatz zu andern Gattungen mit apomiktischer Fortpflanzung) den 〈 Kleinarten 〉 der Gattung Alchemilla heute meist Artrang zuerkannt.
Die vorliegende systematische Bearbeitung der Gattung Alchemilla stützt sich in erster Linie auf zahlreiche Arbeiten von Buser (1892a b 1893a b 1894a b 1895a b 1901a b 1902a b 1903a b 1905a b 1906a b 1909), Vaccari und Buser (1906) und auf von Buser selbst gesammeltes und selbst beschriftetes Herbarmaterial (auch alle Zeichnungen sind nach solchem Material gezeichnet!). Ohne zytologische Grundlagen zu kennen, hat Robert Buser die besonderen Probleme in der Gattung Alchemilla als erster klar erkannt und sich in wenigen Jahren einen Überblick über die westeuropäischen und auch über nord- und osteuropäische Arten verschafft. Er hat auch den einen der beiden bisher bekannten Bastarde als solchen erkannt und beschrieben. Murbeck (1901) und Strasburger (1904) lieferten die experimentelle Bestätigung der Buserschen Ansichten. Doch ließ Buser sein Werk unvollendet (keine Bestimmungsschlüssel, keine zusammenfassende Darstellung). Die Arbeit von Keller (1908) erleichtert den Zugang zu den verstreuten Diagnosen Busers. Weitere wichtige Arbeiten: Jaquet (1902 Jaquet (1905), Jaquet und Buser (1907), Lindberg (1909), Samuelsson (1943) und besonders die monographischen Vorstudien von Rothmaler (1934 1935 1936 1937 1938 1939 1941a 1944b 1962). In den Artengruppen der A. alpina und A. conjuncta hat Maillefer (1944) verschiedene Busersche Varietäten zu Arten erhoben, die wir nicht übernommen haben.
Zusammenfassend muß festgestellt werden, daß in den letzten 50 Jahren, seit den Arbeiten von Robert Buser, die Kenntnisse über Systematik, Standort und Verbreitung der Alchemilla arten in unserm Gebiet nicht wesentlich vertieft worden sind. Im Zusammenhang mit experimentellen Untersuchungen über die Fortpflanzung der Arten (es ist durchaus nicht anzunehmen, daß alle apomiktischen Arten auch obligat apomiktisch sind) müßte die Variationsbreite der einzelnen Arten genauer untersucht werden; denn uns scheint, daß in verschiedenen Artengruppen zuviel differenziert wurde. Die Verbreitung der einzelnen Arten ist im westlichen Teil des Gebiets (Savoyen, südlicher Jura, Waadtländer, Freiburger und Walliser Alpen sowie Aostatal) verhältnismäßig gut bekannt; aus den Kantonen St. Gallen und Appenzell erhielt Robert Buser viel Material von seinem Bruder Othmar. Die Verbreitungsangaben stammen fast nur aus Buserschen Publikationen und aus floristischen Arbeiten, in denen Buser die Alchemillen bearbeitet hat. Unsere Angaben über die Häufigkeit der Arten sind oft unsicher.
Wichtige Arbeiten über die Gattung Alchemilla in Osteuropa und Asien: Soó und Palitz (1936), Juzepczuk (1941), Pawlowski (1952).
Die Nomenklatur wurde von Rothmaler (1944b 1962) übernommen. A. arvensis und A. microcarpa haben wir in der Gattung Alchemilla belassen, obwohl sie in neueren 〈Floren〉 oft als Aphanes arvensis und Aphanes microcarpa abgetrennt werden (s. Reichgelt 1952 und die dort zitierte Literatur).
Deutsche Namen gibt es in der Gattung Alchemilla nur wenige; sie umfassen meist zahlreiche Arten. Wir haben davon abgesehen, durch Übersetzungen für die einzelnen Arten deutsche Namen zu schaffen und haben bloß die Artengruppen mit deutschen Namen versehen.
Untersuchungsmaterial, Sammeln der Alchemillen (nach Buser in Vaccari 1909)
No known copyright restrictions apply. See Agosti, D., Egloff, W., 2009. Taxonomic information exchange and copyright: the Plazi approach. BMC Research Notes 2009, 2:53 for further explanation.