Chamobatidae

Beck, L. & Woas, S., 1991, Die Oribatiden-Arten (Acari) eines suedwestdeutschen Buchenwaldes I., carolinea 49, pp. 37-82 : 64-66

publication ID

ORI5378

DOI

https://doi.org/10.5281/zenodo.6281905

persistent identifier

https://treatment.plazi.org/id/F7F2F658-ECED-1DBD-B4C6-456A0FDE1DF9

treatment provided by

Thomas

scientific name

Chamobatidae
status

 

Chamobatidae View in CoL

Vorkommen: In der Streuschicht des Moderbuchenwaldes im Stadtwald Ettlingen sind drei Arten der Gattung Chamobates zu unterscheiden:

Chamobates cuspidatus (Michael, 1884), regelmäßig und häufig in der Bodenstreu, nach Oppiella ornata und Tectocepheus velatus die dritthäufigste Art in der L-Schicht, daher auch häufig und zahlreich in Barberfallen,

Chamobates pusillus (Berlese, 1895), selten in der Bodenstreu, aber sehr häufig und sehr zahlreich in Barberfallen, in Moos-Proben, in der Streu am Fuß der Baumstämme und im bodennahen Stammbereich,

Chamobates borealis TRÄGARDH, 1902, selten in der Bodenstreu, häufig in der Streu am Fuß der Baumstämme, auch in Moosproben,

Daneben wurden zwei weitere Arten

Chamobates spinosus SELLNICK, 1928, in moderndem Holz und in Moos am Stammfuß

Chamobates birulai (KULCZYNSKI, 1902) in Streu und Moos am Fuß der Baumstämme.

Chamobates spinosus fällt durch den breiten Körperumriß und die dunkle Färbung bereits unter dem Stereomikroskop in den Proben auf; er ist eindeutig zu identifizieren anhand der auffallenden, kräftigen und beborsteten Epimeral- und Aggenitalborsten und durch die Kerbe an der Vorder/Unterkante der Pteromorphe. Die Bestimmung aller übrigen Arten bereitet jedoch mehr oder weniger große Schwierigkeiten. Die mitteleuropäischen Chamobates-Arten lassen sich, in Anlehnung an Sellnick (1960), bestimmungstechnisch in 4 Gruppen einteilen:

- Körpergröße über 700 µm: C. subglobulus (Oudemans, 1900);

- Pteromorphen am Vorder/Unterrand eingekerbt und dadurch mit wenigstens einer spitzen Ecke; Rostrum mit seitlichen Zähnen; 370-410 µm: C. spinosus Sellnick , 1928, C. voigtsi (Oudemans, 1902);

- Pteromorphen vorne/unten gerundet; Rostrum rund bis spitz, mit seitlichen Zähnen; 340-460 µm: C. cuspidatus (Michael, 1884), C. pusillus (Berlese, 1895), C. schuetzi (Oudemans, 1902), C. tricuspidatus Willmann, 1953, C. birulai Kulczynski , 1902;

- Pteromorphen vorne/unten gerundet; Rostrum gekerbt, ohne seitliche Zähne; 340-510 µm: C. borealis Traegardh , 1902, C. interpositus Pschorn-Walcher, 1953, C. longipilis Willmann , 1953.

Nur die Arten der ersten beiden Gruppen scheinen einigermaßen klar unterscheidbar zu sein; bei den beiden letzten Gruppen gibt es einige Unklarheiten. Den weitaus überwiegenden Teil der Chamobates-Arten im Untersuchungsgebiet stellt eine kleinere, helle Art, die nach Willmann (1931) und Sellnick (1960) recht gut als C. cuspidatus (Michael, 1884) zu bestimmen ist. Neben dem kleinen, hellen C. cuspidatus fanden wir in der Bodenstreu vereinzelt eine größere, dunkler gefärbte Art aus der C. cuspidatus-Gruppe, deren Zuordnung nicht zweifelsfrei erscheint: Rostrum sehr ähnlich dem von C. cuspidatus , aber seitlicher Zahn etwas stärker und (Innenkante!) gerade nach vorn, nicht wie bei C. cuspidatus leicht mediad verlaufend; Spitze der Lamellen und Custodium ebenfalls etwas stärker und schärfer ausgeprägt; Sensillus ragt als Keule oder länglicher, vorne stumpfer Kolben, aber nicht als runder Kolben auf kurzem Stiel nach vorne und oben, während der Sensillus von C. cuspidatus deutlich länger und spindelförmig und nach außen gerichtet ist; die Lamellarhaare ebenso lang wie bei C. cuspidatus und überragen das Rostrum (auch in Lateralansicht!) (Abb. 9). Nach Sellnick (1960) sprächen Sensillus, scharfspitzige Rostralzähne und Größe (?) für C. pusillus (Berlese, 1895), die nicht nach innen geneigten Rostralzähne, vermutlich auch die langen Lamellarhaare dagegen für C. schuetzi (Oudemans, 1902).

Nach Willmann (1931) ist die Art auch nur schwierig einzuordnen, da der C. schuetzi sensu Willmann (1931) = C. incisus van der Hammen , 1952 ist und somit als Alternative zu C. cuspidatus nur C. pusillus bleibt, obwohl der C. schuetzi nach Abb. 249 (nicht 249a!) unserer Art entsprechen könnte. Zu C. schuetzi (Oudemans) bemerkt van der Hammen (1952): Er ist nicht identisch mit C. pusillus (Berlese) , den er als größer (450 µm) beschreibt mit einem Sensillus mit schmalem Kopf und mit ziemlich langen Haaren besetzt, ebenso wie die Lamellarhaare; ebensowenig hält er seinen C. schuetzi (Oudemans) für identisch mit C. pusillus sensu Sellnick und Willmann, der länger sein und anders gestaltete Sensillen und Rostralhaare haben soll. Wir stellen die größere Art aus unserem Material zu C. pusillus (Berlese, 1895) und zwar auf der Basis der Beschreibungen von Sellnick (1960) und Willmann (1931).

Die dritte Art aus der C. cuspidatus-Gruppe ist noch schwerer einzuordnen als C. pusillus . Der Körpergröße nach liegt sie mit 425-465 µm im Bereich von C. pusillus , dem sie auch in Ausbildung von Lamelle, Tutoriµm, Rostral-, Lamellar- und Interlamellarhaar sehr ähnlich ist. Der Sensillus entspricht eher dem von C. cuspidatus und als eigenständiges Merkmal bleibt - soweit unsere Untersuchungen derzeit reichen - die Ausbildung des Rostrum: Es ist dreispitzig, wobei die mittlere Spitze mehr oder weniger spitz oder auch breit abgerundet sein kann und das Rostrum dorsal abschließt, während die seitlichen Spitzen immer sehr spitz sind und das Rostrum seitlich begrenzen (Abb. 10, 11). In der Literatur sind zwei Arten mit einer derartigen Rostrumform zu finden: C. tricuspidatus Willmann, 1953 aus Hasellaubstreu bei Heiligenblut am Großglockner in Österreich und C. cuspidatus (Michael) var. birulai Kulczynski , 1902, von dem uns nur die Beschreibung von Trägardh (1904) vorliegt; nach dieser ist diese Form aus Spitzbergen und Lappland bekannt. Erkennt man die Ausbildung des Rostrum überhaupt als Alternativmerkmal an - die Zweifel daran werden anschließend diskutiert-, dann sollte man auch die Form birulai als eigene Art akzeptieren. Nach allem, was nun Beschreibung und Abbildungen von C. birulai erkennen lassen, stimmen unsere Exemplare damit weitgehend überein; sie sind lediglich etwas größer und wohl auch etwas plumper. Ferner erwähnt Trägardh nur eine kleine Cuspis, während unsere Tiere eine deutliche solche besitzen. Zu C. tricuspidatus bestehen aber deutlichere Unterschiede: Der Sensillus dieser Art ist offensichtlich wesentlich länger und schlanker, die Lamelle ist ohne Cuspis und Lamellar- und Interlamellarhaar sind sehr wahrscheinlich kürzer; Länge und Länge: Breite-Verhältnis würden allerdings genau übereinstimmen. Angesichts dieser Sachlage ordnen wir unsere Tiere der Art C. birulai (Kulczynski, 1902) zu, stellen aber gleichzeitig die ganze Artabgrenzung der C. cuspidatus-Gruppe zur Diskussion. Innerhalb der sicherlich nahverwandten Arten der Gruppe C. cuspidatus , schuetzi , pusillus , birulai und tricuspidatus, die alle klein (unter 500 µm) sind und deren Rostrum seitlich zwei Zähne trägt, bleibt derzeit lediglich die Kombination zwischen Körpergröße und Form von Sensillus und Rostrum zu Unterscheidung:

- C. schuetzi 345-390 µm (van der Hammen 1952), 390 µm (Sellnick 1960); Sensillus mit kurzem Stiel und dickem, fast kugeligem Kopf (van der Hammen 1952:Abb.9a); Rostrum gerundet;

- C. cuspidatus 360-415 µm (unser Material), 352 µm (Sellnick 1960), 375- 400 µm (Willmann 1931); Sensillus eine lange, schmale Keule oder Spindel; Rostrum gerundet;

- C. pusillus 410-470 µm (unser Material), 440 µm (Sellnick 1960, Willmann 1931), 450 µm (van der Hammen 1952); Sensillus eine kurze Keule (nicht Spindel) auf kurzen Stiel. Die Abbildung bei Willmann (1931:Abb.251) trifft die Verhältnisse sehr gut, wenn man annimmt, daß das Tier im Präparat nach hinten gekippt lag, so daß dadurch die nach oben und eher nach vorne gerichteten Sensillen und Interlamellarhaare nach hinten gerichtet erscheinen und daß durch diese Lage die Lamellarhaare kürzer als das Rostrum erscheinen, das sie tatsächlich aber überragen; Rostrum gerundet;

- C. birulai 420-465 µm (unser Material), 390 µm (Kulczynski 1902), 420 µm ( Trägardh 1904); Sensillus mäßig lange Keule bis Spindel; Rostrum dreispitzig, Mittelspitze stumpfer als Seitenspitzen;

- C. tricuspidatus 450 µm (Willmann 1953); Sensillus Keule auf sehr langem Stiel; Rostrum dreispitzig mit offenbar relativ spitzer Mittelspitze.

Die Form der Mittelspitze von C. birulai variiert in Dorsalansicht zwischen einigermaßen spitz bis zu breit gerundet und es erscheint gut vorstellbar, daß bei einem geographisch weiter gestreuten Material auch Zwischenformen zwischen einem C. cuspidatus- oder C. pusillus-Rostrum zu finden sind; das C. tricuspidatus-Rostrum scheint nahezu identisch mit dem von C. birulai . Ebenso sind die Unterschiede in Form und Länge des Sensillus zwischen allen in Frage stehenden Arten so wenig distinkt, daß man sich Übergänge sowohl in der Gestalt des Sensillus, als auch in der Form des Rostrum sehr leicht vorstellen kann. Die Beschreibung der Art C. schuetzi (Oudemans, 1902) nach van der Hammen (1952) macht nochmals die nahe Verwandtschaft mit C. pusillus deutlich; so erwähnt er die deutliche, einseitig-antaxiale Beborstung der Rostralhaare, die langen Lamellarhaare, die scharfe Spitze der Lamellen, Merkmale, die auf C. pusillus ebenso zutreffen, allerdings auch auf C. cuspidatus . Eingehendere Untersuchungen an weiter gestreutem Material könnten die Abgrenzungen aller Arten der C. cuspidatus-Gruppe durchaus in Frage stellen. Auf dem gegenwärtigen Stand des Wissens müssen wir jedoch die genannten Arten als gute Arten auffassen, da sie in unserem Untersuchungsgebiet in engster Nachbarschaft vorkommen und hier die wenigen Unterscheidungsmerkmale doch alternativ auftreten. Hinzu kommt, daß sie offensichtlich auch verschiedene Mikrohabitate bewohnen: C. cuspidatus und C. pusillus die Bodenstreu, und zwar vorzugsweise die oberen Schichten, auch die L-Schicht, und C. birulai den Moosaufwuchs am Stammfuß.

Notabene: Die in Abbildung 4B bei Grandjean (1962:412) abgebildete Art gehört sehr wahrscheinlich auch in die C. cuspidatus-Gruppe und zeigt Ansätze zu einem dreispitzigen Rostrum.

C. longipilis Willmann , 1953 dürfte nicht mit Globozetes longipilus Sellnick, 1928 identisch sein und auch C. tricuspidatus Willmann, 1953 dürfte ein Chamobates sein; dabei bleibt allerdings unklar, was die Gattung Globozetes überhaupt von Chamobates unterscheidet. Aus der C. borealis-Gruppe mit gekerbtem Rostrum fanden wir zunächst nur 5 Tiere in der Bodenstreu und zwar einer Art, die in Größe und Färbung C. cuspidatus gleicht, aber einen kurzen, keulenförmigen Sensillus besitzt; die seitlichen Rostralzähne fehlen, statt dessen ist bei 3 Exemplaren eine deutliche mediane Incisur auf dem Rostrum zu erkennen, bei den beiden übrigen nur eine winzige bzw. gar keine. Die 3 Exemplare mit Incisur lassen sich nach Sellnick (1960) und van der Hammen (1952) recht gut als C. incisus van der Hammen , 1952 bestimmen, eine Art, die auch unserer Auffassung nach C. schuetzi sensu Sellnick (1929) und Willmann (1931, Abb. 249a, nicht Abb. 249!) einschließt. Darüber hinaus hat Forsslund (1956) die Synonymie dieser Arten mit C. borealis dadurch wahrscheinlich gemacht, daß er bei den TRÄGARDHschen Präparaten eine Rostralincisur nachgewiesen hat. Damit schließen wir uns der in der Liste von Weigmann & Kratz (1981) angegebenen Namensgebung und Synonymie an und nennen unsere Exemplare mit Rostralincisur C. borealis ( Trägardh, 1902), von Trägardh ursprünglich als Notaspis cuspidata (Michael) var. borealis beschrieben. Im weiteren Verlauf der Untersuchungen wurden dann mehrfach Tiere dieser Art, vor allem in Moos am Fuß der Buchenstämme gefunden.

Die Rostralincisur ist offenbar ein recht variable Struktur, denn 2 unserer fünf C. borealis-Exemplare haben nur eine winzige bzw. keine Incisur. Sie sind von C. cuspidatus nach wie vor - wegen der fehlenden seitlichen Rostralzähne und des kürzeren Sensillus - klar zu unterscheiden, aber es scheint uns nicht mehr ausgeschlossen, daß auch

- C. schuetzi in der Abbildung 249 bei Willmann (1931) zu C. borealis gehört, und daß

- C. interpositus Pschorn-Walcher, 1953 ein C. borealis ist, denn eine Körperlänge von 410 µm dürfte auch von dieser Art erreicht werden und die übrigen Merkmale widersprechen dieser Interpretation allenfalls geringfügig. Weigmann (in litt.) hält ihn aufgrund von Untersuchungen eigenen Materials allerdings für eine gute Art.

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