Pseudobankesia lichenaria, Weidlich, 2016
publication ID |
https://doi.org/ 10.21248/contrib.entomol.66.1.131-138 |
persistent identifier |
https://treatment.plazi.org/id/03D787F4-A406-FFCC-FF76-FE8470B06F88 |
treatment provided by |
Carolina |
scientific name |
Pseudobankesia lichenaria |
status |
sp. nov. |
Pseudobankesia lichenaria View in CoL spec. nov.
Derivatio nominis: Die neue Art wird nach den sehr charakteristischen Säcken, die nahezu ausschliesslich mit Flechtenteilen belegt sind, benannt.
Holotypus: , e.l. Juni 2008, Europa meridionalis, Greece, Voria Pindos , Zagoria , Kipi 1 km SW, 750 m NN, leg. Dr. M. WEIDLICH ( Fig. 1 View Fig ). Er befindet sich in coll. Museum für Naturkunde des Leibniz Institutes in Berlin .
Paratypen (die gezüchteten Exemplare jeweils mit Sack und Puppenhülle):
Männchen: 4 , e.l. Juli 2007, 1 , e.l. Juni 2008, 1 , e.l. Juni 2010, 1, e.l. 14. Juni 2015: Europa meridionalis, Greece, Voria Pindos , Zagoria, Kipi 1 km SW, 750 m NN, leg. Dr. M. WEIDLICH .
Weibchen: 1 , e.l. 01.07.201 5, Europa meridionalis, Greece, Voria Pindos, Zagoria, Kipi 1 km SW, 750 m NN, leg. Dr. M. Weidlich.
Säcke: 266 Säcke 09.– 10.05.2003 , Europa meridionalis, Greece, Voria Pindos , Zagoria, Kipi 1 km SW, 750–800 m NN; 103 Säcke 10.04.2005 ; 36 Säcke 05.– 06.04.2006 ; 64 Säcke 20.04.2007 ; 289 Säcke 09.– 10. 04.2008 ; 101 Säcke 17.04.2010 ; 96 Säcke 18.04. 2012 ; 128 Säcke 03.05.2015 : Europa meridionalis, Greece, Voria Pindos , Zagoria, Kipi 1 km SW, 750 m NN, alles leg. Dr. M. WEIDLICH .
Raupen: 1 Raupe 05.– 06.04.2006, 5 Raupen 09.– 10.04. 2008, 8 Raupen 22.05.2015: Europa meridionalis, Greece, Voria Pindos , Zagoria, Kipi 1 km SW, 750 m NN, alles leg. Dr. M. WEIDLICH .
Das vorliegende Typenmaterial, welches in 8 Jahren eingetragen wurde, umfasst 8 Männchen mit Säcken, 1 Weibchen mit Sack, 14 adulte Raupen und weitere 1.083 Säcke, darunter 3 mit männlicher und 3 mit weiblicher Puppenhülle. Es befindet sich in coll. Museum für Naturkunde des Leibniz Institutes in Berlin, coll. W. ARNSCHEID (Bochum) und coll. M. WEIDLICH .
Diagnose: Männchen: kleine Falter mit einer Flügelspanne von 9,6 bis 11,8 mm, Augen schwarz, rund, mit Ocellen. Labialpalpen dreigliederig. Der Augenindex (Quotient aus Augenabstand zum maximalen Augendurchmesser) beträgt rund 1,3. Stirnschopfbehaarung lang silbriggrau. Fühler sehr lang; sie erreichen in ihrer Länge deutlich mehr als die Hälfte des Vorderflügelcostalrandes. Sie sind beschuppt, die Bewimperung ist einseitig ventral angeordnet und ihre Länge entspricht etwa der Fühlergliedlänge (Bereich des 10. bis 15. Fühlergliedes). Fühlergliederzahl mit Scapus und Pedicellus 34 bis 35. Körper grau beschuppt.
Vorderflügelfärbung silbrig mit bräunlicher, unregelmässig verteilter Punktierung. Diskoidalfleck nicht erkennbar. Vorderflügel dicht beschuppt mit breiten, vier- bis sechszackigen Deckschuppen (Schuppenklasse IV-V, nach SAUTER, 1956); Fransenschuppen ebenfalls breit, meist vier- bis fünfzackig, untergeordnet zwei- bis dreizackig. Aderung ohne Entschuppung nicht erkennbar. Vorderflügeladerung mit Anhangszelle und mit 10 Diskoidalzelladern. Radius 2 und 3 entspringen aus einem Punkt, Radius 4 und 5 sind sehr lang gestiehlt. Hinterflügelfärbung grau, die Fransen etwas heller, Aderung kaum erkennbar, ohne Eingeschobene Zelle und mit 6 Diskoidalzelladern, die alle getrennt voneinan- der entspringen.
Vordertibien mit Epiphyse, Mitteltibien mit einem Spornpaar, Hintertibien mit zwei Spornpaaren. Alle Beine mit 5 Tarsengliedern. Genitalapparat Pseudobankesia - typisch, Tegumendach eingekerbt mit zwei Spitzen, Saccus kurz und breit. Phallus schwach gebogen, ohne Cornuti und Stützstab (vergl. Fig. 2 View Fig ).
Weibchen: Flügellos, Gesamtfärbung hellgelblich, 2,4 mm lang (ohne Ovipositor) und 0,8 mm im Durchmesser. Augen klein, oval und schwarz, keine zusätzlichen Ocellen. Fühler relativ kurz mit 12 Fühlergliedern (mit Scapus und Pedicellus). Körper gestreckt und schütter hell behaart. Das 7. Abdominalsegment ringförmig behaart. Die Behaarung ist sehr dicht und von gelblichweisser Färbung. An den Vorder- und Hinterbeinen 3, an den Mittelbeinen 4 Tarsenglieder. Weiterhin an der Hinterbeinen ein kurzes, in der Form breites Spornpaar. Bei der Kopf-Brustplatte der Puppe sind die Fühlerscheiden deutlich länger als die der Beinscheiden.
Raupe: Länge 2,9 bis 3,1 mm und Breite um 0,9 bis 1,1 mm. Kopf und erstes Thorakalsegment dunkelbraun, stark sklerotisiert ohne Zeichnungselemente. 2. und 3. Thorakalsegment braun und schwächer sklerotisiert. Körper gelblich bis hellbraun. An der ventralen Seite des 3. bis 6. Abdominalsegmentes befinden sich ovale Ringstrukturen, die aus kleinen, braunen chitinisierten Flecken bestehen. Auch auf dem letzten, dem 9. Abdominalsegment befinden sich derartige Strukturen. Diese sind alle paarig angeordnet. Letztes Abdominalsegment ebenfalls braun und stärker sklerotisiert.
Sack: relativ gross, 6,5 bis 8,8 mm lang und 3 bis 5 breit, deutlich abgeflacht und um 2 mm in der Höhe messend. Die Säcke sind meist zweikantig, die dorsale Kante nicht vorhanden oder sehr schwach ausgeprägt. Ihre Färbung ist gelblich- grünbläulich (frische Säcke!) und die Säcke bestehen aus versponnenen Flechtenpartikeln ( Fig. 3 View Fig und 4 View Fig ).
Differentialdiagnose: P. lichenaria spec. nov. ist durch wesentliche Merkmale der Gattung Pseudobankesia MEIER, 1963 charakterisiert. Vom Balkan sind bisher 5 hier endemische Arten dieser Gattung beschrieben worden. In Griechenland kommen drei Arten vor, je eine weitere Art in Griechenland und Mazedonien sowie in Bulgarien (Karte 1). Von Zypern ist noch eine weitere, ebenfalls endemische Art, bekannt.
P. lichenaria spec. nov. wird mit den oben genannten sechs Arten verglichen. In der Grösse unterscheiden sich die Pseudobankesia -Arten des Balkans und Zyperns kaum voneinander. In der Vorderflügelfärbung ähnelt die neue Art am meisten P. arahova STENGEL, 1990 und P. darwinii STENGEL, 1990 . Auffallend gering fällt der Augenindex mit 1,3 aus, der bei den anderen Balkanarten zwischen 1,5 bis fast 2 liegt. Charakteristisch sind ebenfalls die sehr langen Fühler mit 34 bis 35 Gliedern.
Die Vorderflügeladerung der neuen Art zeigt ebenfalls einige spezifische Merkmale auf: Radius 2 und 3 entspringen einem Punkt und Radius 4 und 5 sind sehr lang gestiehlt, wie es von keiner anderen Pseudobankesia - Art sowie auch bei P. aphroditae bisher bekannt ist.
Die graue Hinterflügelfärbung tritt in dieser Ausprägung nur bei P. kresnensis WEIDLICH, 2014 auf.
Unterschiede lassen sich auch bei den Weibchen nachweisen. Die Kombination von 3 und 4 Tarsengliedern wurde bisher bei keiner anderen Pseudobankesia -Art des Balkans studiert.
Die Säcke von P. lichenaria spec. nov. ähneln denen von P. hauseriella und P. aphroditae sowie den mittel- und westeuropäisch verbreiteten P. alpestrella (HEINEMANN, 1870) , P. vernella (CONSTANT, 1899) und P. contractella HÄTTENSCHWILER, 1994 und bestehen hauptsächlich aus Flechtenpartikeln. Die Form dieser 5 genannten Arten ist im Querschnitt auffallend dreikantig. Die grössten Ähnlichkeiten bezüglich des verwendeten Sackmaterials (Flechten), sowie in ihrer plattgedrückten Form und kaum erkennbarer Dorsalkante (zweikantig) bestehen zu P. casaella HÄTTENSCHWILER (1994) , deren Verbreitung in Andorra, Spanien und Frankreich liegt ( ARNSCHEID, 2014: 344-345).
Weitere, wichtige Unterscheidungsmerkmale sind in der Tabelle 1 dargestellt.
Biologie und Ökologie: P. lichenaria spec. nov. ist univoltin und die Säcke wurden zwischen dem 05.04. und 10.05., hauptsächlich jedoch im April, gesammelt. Die Zucht der eingetragenen Raupen erwies sich in jedem Jahr als schwierig und war sehr verlustreich. Obwohl die
Karte 1: Die Verbreitung der Pseudobankesia -Arten auf dem Balkan (verändert nach https:// de.wikipedia.org/wiki/ Griechenland #/media/File: Greece _relief_location_map.jpg).
Habitatbedingungen dabei weitgehend nachempfunden wurden, die Tiere auf mehrere, verschiedene Zuchtbehälter verteilt wurden, ging ein Grossteil der Zuchten ein. Alle Imagines schlüpften im Juni und Juli.
Weiterhin konnte in einigen Fällen der Bau eines Behelfssackes beobachtet werden. Wenn beträchtliche Teile des Sackes durch andere Raupen von P. lichenaria spec. nov. gefressen bzw. zerstört wurden, fertigten die Raupen aus den Resten und umliegenden Material einen neuen Sack, der nun andersfarbig (bräunlich) und eine röhrenartige Form aufwies. Es bestehen nunmehr keine Ähnlichkeiten mehr zu dem arttypischen Sack. Die Besonderheit zur Anfertigung von Behelfssäcken wurde bereits von WEIDLICH (2008: 476) für den Holotypus von Dahlica pseudoachajensis STENGEL, 1990 diskutiert.
Den Lebensraum bei Kipi bilden flechten- und moosreiche, schattige und im Frühjahr feuchte Nischen in Felswänden. Die besiedelten Felsbereiche befinden sich in Höhenlagen zwischen 750 und 800 m NN, sind nach Westen ausgerichtet und werden zusätzlich beschattet von Vertretern der Strauchschicht (z. B. Ostrya carpinifolia SCOP. , (siehe Fig. 5 View Fig ).
P. lichenaria spec. nov. ist vergesellschaftet mit folgenden Psychidenarten, die aber mehr trockene und exponiertere Bereiche im selben Habitat besiedeln: Eumasia parietariella (HEYDENREICH, 1851) , Dahlica zagoriensis WEIDLICH, 2012 , Psyche crassiorella (BRUAND, 1850) , Epichnopterix hellenidensis WEIDLICH, 2013 , Reisseronia spec. , Canephora hirsuta (PODA, 1761) , Pachythelia villosella (OCHSENHEIMER, 1810) und Apterona helicoidella (VALLOT, 1827) .
No known copyright restrictions apply. See Agosti, D., Egloff, W., 2009. Taxonomic information exchange and copyright: the Plazi approach. BMC Research Notes 2009, 2:53 for further explanation.