Eine interessante Kleinspinne: Comaroma simonii Bertkau 1889 (Arachnida, Araneae, Anapidae)
Author
Kropf, C.
text
Denisia
2004
12
257
270
http://antbase.org/ants/ublications/Kropf2004c/Kropf2004c.pdf
journal article
Kropf2004c
Comaroma
Einleitung
Die Spinnengattung
Comaroma
BERTKAU 1889
enthaelt
durchwegs kleine Bodenspinnen, die in ihrem
Koerperbau
eher an tropische Spinnen, denn an Bewohner der
gemaessigten
Regionen erinnern (Abb. 1, 2). Die Tiere galten als selten bis sehr selten,
wofuer
mangelnde Kenntnisse der
Lebensraumansprueche
verantwortlich sein
moegen
- jedenfalls stellte sich
spaeter
heraus, dass die Tiere an geeigneten Stellen durchaus
haeufig
sein
koennen
. Uber ihre Lebensweise wusste man lange Zeit fast
ueberhaupt
nichts. Ihrer
ungewoehnlichen
Morphologie wegen war nicht einmal klar, zu welcher Spinnenfamilie die Gattung zu
zaehlen
sei: BERTKAU (1889: 75) vermutete
"intuitiv"
eine Zugehoerigkeit zu den
Theridiidae
("Kugelspinnen"): "scheint ... mir zu den Theridiaden zu
gehoeren"
. In der Folge wurden die verwandtschaftlichen Beziehungen von Comaroma
hoechst
unterschiedlich diskutiert: Die meisten der
"fruehen"
Autoritaeten
vermuteten eine Ubergangsstellung zwischen
Theridiidae
und
Linyphiidae
s. 1. ("Baldachinspinnen " und
"Zwergspinnen"
) (CHYZER & Kulczynski 1891; Simon 1894;
Boesenberg
1899; 1903) oder ordneten
Comaroma
den
Linyphiidae-Erigoninae (
"Zwergspinnen"
) zu (Chyzer & Kulczynski 1918; Roewer 1942; WlEHLE 1960).
Spaetere
detaillierte morphologische Analysen vor allem der Kopulationsorgane
liessen
eine Zuordnung zu den
Theridiidae
als gerechtfertigt erscheinen (Levi 1957 sub Archerus; Ol 1960; Levi & Levi 1962; Thaler 1978) oder
liessen
Beziehungen zu den taxonomisch schwierigen und vorwiegend tropisch verbreiteten Gruppen der
Symphytognathidae
/
Anapidae
(
"Zwergkugelspinnen"
) vermuten (
FOERSTER
1959; Yaginuma 1959; Levi & Levi 1962; Palmgren 1980; Brignoli 1981). Wunderlich (1986) und Kropf (1990a) ordneten die
raetselhafte
Gattung vor allem aufgrund eines
vorgewoelbten
Skleriten am Labrum den
Anapidae
zu. Diese Zuordnung erhielt
kuerzlich
im Rahmen einer kladistischen Analyse der
Symphytognathidae
s. 1. Unterstuetzung (
Schuett
2003).
Die Arten der Gattung
Comaroma
sind disjunkt
ueber
die Holarktis verbreitet (Abb. 3).
Comaroma mendocino
(Levi 1957) kommt in den USA (Kalifornien) vor, C. simonii BERTKAU 1889 in Europa,
C. maculosa
Ol 1960 in Japan und Korea,
C. nakahirai
(YAGINUMA 1959) in Japan, und die letzte beschriebene, offenbar stark abweichend gebaute
C. tongjunca
Zhang & Chen
1994 in China (Zhejiang).
"
Comaroma
"
ressenensis DRENSKY 1929 erwies sich als eine andere, zu den Pholciden (
"Zitterspinnen"
)
gehoerige
Art (Deltshev & Blagoev 2001).
Abb
. 1:
Comaroma simonii
. Weibchen in seinem Netz.
Abb. 2:
Comaroma simonii
.
Maennchen
in seinem Netz.
Uber die Lebensweise von ComaromaArten war bis vor einigen Jahren nur Weniges bekannt. Die Arten wurden vor allem in Laubstreu gefunden, eine japanische Art (
C. nakahirai
) wurde bisher nur in einer
Hoehle
nachgewiesen (YAGINUMA 1959); auch von der
europaeischen
C.
simonii
war neben einer Anzahl Funden in der Laubstreu je ein
Hoehlenfund
in der Schweiz und in Italien bekannt (Thaler 1978; Kropf 1998a). Schuster & Moschitz (1984) beschrieben erstmals einfache Gespinste sowie einen bei Bedrohung auftretenden Totstellreflex von C.
simonii
und gaben arthropleone Collembolen als Beutetiere an.
Verbreitung
Comaroma simonii
zeigt in
Ost-Oesterreich
und Slowenien ein nahezu geschlossenes Areal, sie ist dort weit verbreitet (Thaler 1978; Knoflach & Thaler 1998; KROPF 1998a; dort auch weitere Zitate) und stellenweise sogar
haeufig
(Abb. 4). Zahlreiche Fundpunkte liegen im Ost- und
Suedostalpenraum
resp. -vorland, westlichste Funde in Norditalien (
Suedtirol
) bei Neustift (Noflatscher 1991) und in Nordtirol bei Kufstein (THALER 1998),
suedlichste
in Istrien (Thaler 1978),
oestlichste
in der SO-Steiermark (THALER 1978) und in WestUngarn (SziNETAR in litt.; siehe unten),
noerdlichste
in Nieder- (WlEHLE &. FRANZ 1954) und
Oberoesterreich
(SCHUSTER & Moschitz 1984; Bergthaler in litt.) sowie in Nordtirol bei Kufstein (THALER 1998). Einzelne Funde gelangen weiter
suedlich
bei Ancona (Italien) und bei Tara (Montenegro) sowie in Norditalien (Riva sul Garda) (Thaler 1978; Kropf 1998a; Weiss in litt.). Neue Funde im Tessin am Nordufer des Lago Maggiore (Heer in litt.; Moretti et al. 2002) zeigen, dass C.
simonii
auch weiter
westwaerts
von
Sueden
in die
Suedalpentaeler
eingedrungen ist.
Die
fruehe
Angabe von SlMON (1894: 602, "habite la Boheme") konnte durch einen Fund von RuziCKA & Antus (1998) in
Zentral-Boehmen
bestaetigt
werden (KROPF 1998a; BuCHAR & RuziCKA 2002). Ein weiterer isolierter Fund in der Slowakischen Republik (Dudich 1933, Dudich et al. 1940) konnte bisher nicht wieder
bestaetigt
werden, die Art gilt
gegenwaertig
in der Slowakei als ausgestorben (GAJDOS et al. 1999).
Kuerzlich
wurde C.
simonii
an zwei Stellen in W-Ungam nahe der
oesterreichischen
resp. der slowenischen Grenze nachgewiesen (SziNETAR in litt.), womit die unter Berufung auf SlMON gemachte Angabe von BERTKAU (1889: 76:
"ausserdem
besitzt er die Art aus Ungarn")
bestaetigt
ist.
Das
Westareal der Art (THALER 1978) war lange Zeit schlecht belegt, wurde jedoch in den letzten Jahren wiederholt
bestaetigt
. Die auf BERTKAU (1889) beruhenden Angaben, wonach die Art in der Umgebung von Bonn nicht selten sein soll (
BOESENBERG
1899, 1903) wurden noch von WlEHLE & FRANZ (1954), WlEHLE (1960) und anderen bezweifelt, neuere Funde in der Region Bonn durch BLICK (in litt.; KROPF 1998a; STAUDT et al. 2003)
bestaetigen
jedoch die alten Angaben BERTKAUs. Die Art kommt von Belgien (Baert & Kekenbosch 1980; JANSSEN 1992; VAN KEER & VANUYTVEN 1993) und den Niederlanden (HELSDINGEN 1993)
ueber
Deutschland (BERTKAU 1889;
Boesenberg
1899, 1903; Kropf 1998a; Staudt 2000, Staudt et al. 2003) bis in die Schweiz (THALER 1978) vor.
Das
gegenwaertig
bekannte Verbreitungsbild
laesst
auf einen postglazialen
"Rueckwanderer
auf weite Distanz"
schliessen
(HoldHAUS 1954; Thaler 1978), der einerseits von
Sueden
und
Suedosten
in die Alpen eindrang und teilweise bis zum Alpennordrand gelangte, andererseits von
Suedwesten
die Alpen umging und
ueber
das Waadtland bis nach Nordhrein-Westfalen, Belgien und die Niederlande vordrang.
Lebensraeume
Die Art wurde vor allem in der Laubstreu humider Rotbuchen- oder
Mischwaelder
, seltener in anderen, vor allem trocken-warmen
Laubwaeldern
(HoRAK 1987; NoFLATSCHER 1991; MORETTI et al. 2002), gefunden. Eine indirekte Analyse der Standortfaktoren
ueber
die Zeigerwerte von Gefaesspflanzen an
fuenf
Waldstandorten mit Comaroma- Vorkommen in
Kaernten
und Steiermark ergab schattige bis halbschattige,
maessig
warme sowie mittelfeuchte
Verhaeltnisse
(KROPF 1993). Entsprechend war die Art auch an Standorten
ausserhalb
von
Waeldern
zu erwarten - so fand KRITSCHER (1972) die Art in der Laubstreu von Hasel, Schuster & Moschitz (1984) melden sie in einem
Hasel-Eschen-Weidengestraeuch
, Bergthaler (in litt.) aus einer 5V
2
-
jaehrigen
Hecke im Agrarbereich bei Schwand im Innkreis (
Oberoestereich
). Funde in Nadelwaeldern sind selten, PALMGREN (1973) meldet zwei Funde aus
Fichtenwaeldern
resp. von Fichte dominierten
Waeldern
, HORAK (1989) fand sie in einem
Foehrenwald
, Muster (2001) verzeichnet den bislang
hoechstgelegenen
Fund in einem subalpinen
Laerchen-Fichtenwald
im Tennengebirge auf 1540m
Seehoehe
.
Auffallend ist
ausserdem
, dass C.
simonii
immer wieder auch an offenen oder wenig bewachsenen Stellen gefunden wird: STEIN- BERGER (1990) meldet sie von einem Trockenrasen mit lichtem Kieferbestand in
Abb. 3: Verbreitung der Gattung
Comaroma
. 1 = C.
simonii
; 2 =
C. mendocino
; 3 =
C. maculosa
; 4 =
C. nakahirai
; 5 =
C. tongjunca
.
Abb. 4:
Gegenwaertig
bekannte Verbreitung von C.
simonii
. Nahe beisammen liegende Funde in
Oesterreich
, Slowenien und Kroatien sind als
zusammenhaengendes
Verbreitungsgebiet dargestellt; die Funde in der Umgebung von Bonn als ein
groesserer
Fundpunkt.
Abb
. 5: Netz von
Comaroma simonii
. Das Netz wurde an der vertikalen Wand eines
Zuchtgefaesses
gebaut, die
Signalfaeden
mit den verzweigten klebrigen Enden ziehen nach unten zum Substrat.
Kaernten
, Kropf (1998a) von einem
aehnlichen
Fundort in der SO-Steiermark. STUMPF (in litt.) fand sie in Bayern im offenen Saumbereich eines Kiefernwaldes und im bislang
noerdlichsten
Fundort an einem Halbtrockenrasen mit geringer Verbuschung (Fundorte in Kropf 1998a und Staudt et al. 2003). ROSE (in litt.) fand je ein Exemplar auf einer trocken-warmen, stellenweise wechselfeuchten
Grasflaeche
und in einem
schuetterem
Kiefembestand in einem Steinbruch in
Baden-Wuerttemberg
(Fundorte in Kropf 1998a und Staudt et al. 2003), doch sei angemerkt, dass sich in der
Naehe
ein Rotbuchenmischwald befindet, in dem Comaroma ebenfalls vorkommt. SziNETAR (in litt.) wies die Art unter anderem in einer Feuchtwiese (
Juncus effusus
) nach, STAUDT (2002) in einem trockenen Schilfbestand auf einem zugewachsenen Absinkweiher. RuziCKA & ANTUS (1998) gelang der Nachweis in
Boehmen
in einer Blockhalde. Die Nachweise in Belgien (BAERT & KekenBOSCH 1980; JANSSEN 1992) stammen ebenfalls aus steinig/felsigen
Lebensraeumen
.
Damit
faellt
auf, dass die Mehrheit der Fundstellen (wenngleich nicht alle)
ausserhalb
des
oesterreichisch-slowenischen
Verbreitungsschwerpunktes nicht in Rotbuchen- oder
Mischwaeldern
liegt, sondern in verschiedenen anderen Habitaten wie diversen Wiesengesellschaften, lichten
Kiefernbestaenden
oder felsigen Biotopen. Die denkbaren
Gruende
dafuer
sind
vielfaeltig
. Gerade Xerothermstandorte
zaehlen
in Mitteleuropa zu den bedrohtesten, aber auch interessantesten weil artenreichsten
Lebensraeumen
und werden entsprechend intensiv faunistisch erforscht. Die
"untypischen"
Funde in trockenwarmen
Lebensraeumen
koennten
daher einfach die
diesbezueglich
intensivere faunistische Feldarbeit widerspiegeln.
Moeglicherweise
stellen aber mikroklimatische Faktoren (BAUCHHENSS 1990) wichtigere Vorbedingungen
fuer
das Auftreten von
Comaroma
, als der (letztlich aufgrund menschlicher Wahrnehmung definierte)
"Lebensraumtyp"
, so dass auch an unbewaldeten Standorten oder in Nadelwaeldern ein geeignetes Mikroklima herrschen
koennte
, etwa in Spalten des Bodens, unter Moos, Steinen oder unter einzeln stehenden
groesseren
Bueschen
oder
Baeumen
. KROPF (1997a) wies auf lokal unterschiedliches Auftreten von C.
simonii
in einem Wald hin, das offenbar von den jeweils herrschenden
Feuchtigkeitsverhaeltnissen
abhaengt: Bei
Staunaesse
nach Regen oder im Winter besiedelt die Art die obersten Laubstreuschichten, bei
Normalverhaeltnissen
in der Vegetationsperiode die Ubergangsschichte zwischen dem L- und dem O-Horizont
, bei Trockenheit findet sie sich in ungewoehnlich hohen Dichten in den tiefsten Senken des Waldbodens. Wahrscheinlich sind also bestimmte Feuchtigkeitsbedingungen, die auch aktiv aufgesucht werden,
fuer
die Habitatwahl von entscheidender Bedeutung. Nach TRETZEL (1952)
waere
C.
simonii
als hemihygrophil zu bezeichnen (KROPF 1993), dazu
wuerden
die abweichenden Funde in
Hoehlen
, feuchten Wiesen und Blockhalden
"passen"
.
Abschliessend
sei bemerkt, dass Dumpert & Platen (1985) daraufhin wiesen, dass unter den Spinnen keine einzige
"reine"
Buchenwaldart bekannt ist, sondern alle Arten auch
ausserhalb
ihres "typischen" Lebensraumes gefunden werden
koennen
.
Abb. 6:
Comaroma simonii
. Eikokon.
Veraendert
nach Kropf (1997a).
Biologie
Comaroma simonii
ist eine eurychrone Art, die keine strikt limitierte Fortpflanzungszeit aufweist. Subadulte Spinnen wurden zwischen Juni und November, Adulte das ganze Jahr
ueber
in
annaehernd
gleich bleibender
Stueckzahl
gefunden;
moeglicherweise
kann sich die Art also das ganze Jahr
ueber
fortpflanzen (KROPF 1997a). Eine derartige Fortpflanzungszeit ist typisch
fuer
Spinnen, die
ganzjaehrig
unter
annaehernd
gleich bleibenden mikroklimatischen Bedingungen leben (Tretzel 1954), wie sie z.B. in
Hoehlen
, tiefen Laubstreuschichten oder auch im Inneren von Blockhalden (MOLENDA 1996) auftreten
koennen
. Das
Geschlechterverhaeltnis
betrug in einem Buchenmischwald in der Steiermark etwa 1:2 zugunsten der Weibchen (KROPF 1997a). Im Westareal wurde hingegen bisher erst ein einziges
Maennchen
gefunden; dies
laesst
es
moeglich
erscheinen, dass die Tiere im Westareal sich teilweise parthenogenetisch vermehren (Kropf 1998a).
Die Tiere erwiesen sich als erstaunlich langlebig und lebten im Labor bis zu 108 (er) resp. 521 Tage (9) Tage (Kropf 1997a). Beide Geschlechter und auch die subadulten und juvenilen Stadien sind in der Lage, funktionierende Fangnetze zu bauen und besitzen die
dafuer
noetigen
Spinnorgane (Kropf 1990b, 1997b). Dies ist insofeme bemerkenswert, als adulte
Spinnenmaennchen
normalerweise keine Beute mehr machen und ihnen auch die
Spinndruesen
fehlen, um ein funktionierendes Fangnetz herzustellen (SEKIGUCHI 1955; CODDINGTON 1989 und andere). Als Hauptbeute scheinen arthropleone Collembolen zu fungieren
(Schuster & Moschitz 1984; Kropf 1990b). Das Netz selbst (Abb. 5) besteht aus einer
irregulaeren
Maschendecke, von der radiaer verlaufende
Signalfaeden
ausgehen, die in verzweigten, klebrigen
Fangfaeden
enden. Der genaue Aufbau und die
Groesse
des Netzes sind sehr variabel und werden vermutlich vor allem von der Struktur des Substrates bestimmt (KROPF 1990b). Die Tiere
benuetzen
im Labor auch Netze, die von Artgenossen gebaut wurden oder bauen mehrere Netze, die abwechselnd benutzt werden.
Das Netz muss als abgewandeltes Radnetz betrachtet werden, solange die gegenwaertige Familienzuordnung zu den Radnetz bauenden
Anapidae
aufrecht erhalten bleibt (Kropf 1990b). Angesichts der Lebensweise in tieferen Schichten der Laubstreu ist eine Abwandlung des
fuer
den Fang von Fluginsekten geeigneten Radnetzes plausibel und scheint ferner auch bei der Anapidengattung
Zangherella
(die ebenfalls in Laubstreu vorkommt; THALER & KNOFLACH 1998) stattgefunden zu haben (Kratochvil 1935).
Der Beutefang
verlaeuft
ohne Besonderheiten, ins Netz geratene Kleininsekten werden mit den Cheliceren gefasst, durch einen Giftbiss
getoetet
und
anschliessend
im Zentrum des Netzes ausgesaugt. Beutefang ohne Netz kommt ebenfalls vor, doch muss zuvor unbedingt ein
Koerperkontakt
zwischen Spinne und Beute erfolgen - ein aktives Aufsuchen der Beute
ausserhalb
des Netzes konnte nie beobachtet werden. Selbst Collembolen, die unmittelbar vor den Cheliceren hungriger Tiere vorbeiliefen, wurden nie attackiert. Nach dem Fressakt reinigen sich die Tiere intensiv, wobei sie vor allem die gezaehnten Borsten auf den Laufbeintarsen als Putzorgane benutzen (KROPF 1990b).
Der Eikokon (Abb. 6) ist
weiss
, rundlich und hat einen Durchmesser von ca. 1,47 mm. Er
enthaelt
drei Eier und ist von einem leicht rosarot schimmernden
trichterfoermigen
Schutzgespinst umgeben, das Kleininsekten davon
abhaelt
, an die Eier zu gelangen (Kropf 1997a
)
. Die Entwicklung der Jungspinnen konnte nur in einem einzigen Kokon beobachtet werden. Die Jungspinnen
schluepften
am 27. Tag (18°C,
gesaettigte
Luftfeuchte, Dauerdunkel), verblieben aber noch im Eikokon. Nach wahrscheinlich zwei
Haeutungen
verliessen
die Jungen den Kokon am 35. Tag und begannen sofort mit dem Bau von Fangnetzen (Abb. 7; Kropf 1997a).
Abb
. 7:
Comaroma simonii
. Erstes freilebendes Stadium in seinem Netz.
Morphologie
Habitus (Abb. 8, 9)
Comaroma simonii
ist eine orange- bis
roetlichbraun
gefaerbte
(Alkoholmaterial), durchschnittlich 1,6 mm
grosse
Spinne. Lebende
Maennchen
wirken eher dunkler rotbraun, die
Hinterleibsfaerbung
lebender
Weibchen geht mehr ins hell
roetliche
. Eiertragende Weibchen werden bis zu 1,9 mm lang (Schuster & Moschitz 1984). Die Beine sind relativ kurz, robust und fast unbestachelt; bei den
Maennchen
sind sie etwas
laenger
als bei den Weibchen. Das Prosoma erscheint stark skierotisiert und ist bei den
Maennchen
meist etwas breiter als bei den Weibchen. Das Opisthosoma erscheint bei beiden Geschlechtern
dickhaeutig
und gepanzert. Die Weibchen tragen neben vielen kleinen skierotisierten
Plaettchen
in der Haut ein
grosses
Scutum ventral am Opisthosoma, welches den Petiolus umfasst und hinten bis zur Epigastralfurche reicht sowie ein
ringfoermig
um die Spinnwarzen liegendes Scutum, welches ein Tracheenstigma aufweist. Die Spinnwarzen
koennen
in dieses
ringfoermige
Scutum
zurueckgezogen
werden, sodass ihm offenbar eine Schutzfunktion
fuer
den empfindlichen Spinnapparat zukommt. Beim
Maennchen
ist
ausserdem
das ventrale Scutum seitlich weiter ausgedehnt,
zusaetzlich
ist ein
maechtiges
Scutum vorhanden, welches den
Grossteil
der
Dorsalflaeche
des Opisthosoma einnimmt.
Diese Panzerung des
Spinnenkoerpers
koennte
einen effektiven Schutz vor Fressfeinden darstellen. Untersuchungen dazu stehen freilich weitgehend aus, doch liefern BLASZAK et al. (1990: 53) einen
diesbezueglichen
Hinweis aus der
Emaehrungsbiologie
von Litoral bewohnenden
raeuberischen
Gamasinen: "Entscheidend
dafuer
, ob ein Tier als Beute angenommen ... wird, ist offensichtlich seine
Koerpergroesse
und
Vagilitaet
sowie die Dicke des Hautpanzers". LEV1 (1967) vermutete
,
dass die Panzerung einen Schutz vor
uebermaessigem
Wasserverlust bieten
koennte
, da die meisten gepanzerten Spinnen Kleinformen sind, deren relativ
groessere
Koerperoberflaeche
ein dahingehend
erhoehtes
Risiko bedingt. Weiters spricht
fuer
diese Interpretation, dass die laufaktiveren
Maennchen
staerker
skierotisiert erscheinen als die Weibchen (Levi 1967). Die Tatsache, dass sehr viele gepanzerte Kleinspinnen Bewohner humider bis feuchter
Lebensraeume
sind,
laesst
vermuten, dass auch andere
Gruende
fuer
die Panzerung des
Spinnenkoerpers
verantwortlich sein
koennten
.
Darueber
hinaus kann die
schwaechere
Sklerotisierung der Weibchen zwanglos aus der Notwendigkeit heraus
erklaert
werden, ein
dehnfaehiges
Opisthosoma wegen der reifenden Eier beizubehalten. Ferner wies
SCHUETT
(2003) daraufhin, dass gerade die allerkleinsten Spinnen nicht gepanzert sind.
Abb. 8:
Comaroma simonii
, Weibchen (Alkoholmaterial). Abb. 9:
Comaroma simonii
,
Maennchen
(Alkoholmateral).
Laufbeine
Die Laufbeine der
Maennchen
sind nicht nur signifikant
laenger
als die der Weibchen (KROPF 1998b), sondern auch die Reihung der Beine nach ihrer
Laenge
ist signifikant unterschiedlich zwischen den Geschlechtern (t-Test nach Welch, LORENZ 1984): Beim
Maennchen
lautet sie I - IV - II - III, beim Weibchen IV - I - II - III. Ein weiterer statistisch signifikanter Geschlechtsunterschied betrifft die Anzahl chemosensitiver Haare (Abb. 10, 11) auf den Beinen I und II. Diese Anzahl ist bei den
Maennchen
erhoeht
(Tab. 1).
Schliesslich
findet sich noch ein weiterer Geschlechtsunterschied: Der Metatarsus der
Maennchen
ist deutlich dicker als der der Weibchen,
ausserdem
traegt
er zahlreiche Kutikulaporen, welche sowohl einzeln, als auch in Gmppen von
ueber
10 Poren auftreten (Abb. 12).
Diese
sekundaeren
Geschlechtsunterschiede haben wohl mit der Paarungsbiologie zu tun.
Laengere
Beine - insbesondere lange Beine I - treten bei den meisten
Spinnenmaennchen
auf. Man darf spekulieren, dass sie im Zusammenhang mit einer
erhoehten
Laufaktivitaet
der
Maennchen
waehrend
der Paarungszeit sowie mit der Notwendigkeit zum "Abstand halten" zu einem paarungsunwilligen Weibchen zu tun haben
koennten
. Die
hoehere
Anzahl chemosensitiver Borsten bei den
Maennchen
stuetzt
die
Vermutung von HARRIS & MlLL (1977), wonach damit auch Kontaktpheromone perzipiert werden
koennen
. Tietjen & ROVNER (1982) melden einen
aehnlichen
Geschlechtsunterschied bei Wolfspinnen. Verdickte und mit
Porenoeffnungen
versehene Abschnitte der Vorderbeine treten auch bei anderen
Spinnenmaennchen
, z.B. bei diversen Wolfspinnen, auf.
Moeglicherweise
handelt es sich dabei um
Ausfuehroeffnungen
von
Pheromondruesen
(KRONESTEDT 1986).
Abb. 10:
Comaroma simonii
. Chemosensitives Haar am Metatarsus I (
Maennchen
).
Abb. 11:
Comaroma simonii
. Patella, Tibia, Metatarsus und Tarsus I (
Maennchen
). Chemosensitive Haare, Stachelborste (nur distal auf Patella) und Trichobothrien (abgeschnitten), a: prolateral; b: retrolateral.
-
|
M 1 |
Wl |
M II |
W II |
M III |
W III |
M IV |
WIV |
Patella |
1 |
1 |
1 |
1 |
1 |
1 |
1 |
1 |
Tibia |
17 |
14 |
9 |
5 |
3 |
3 |
3 |
3 |
Metatarsus |
6 |
5 |
3 |
3 |
2 |
1 |
2 |
1 |
Tarsus |
34 |
26 |
30 |
23 |
12 |
12 |
10 |
10 |
Gesamt |
58 |
46 |
43 |
32 |
18 |
17 |
16 |
15 |
Tab. 1: Durchschnittliche Anzahl chemosensitiver Haare auf den Laufbeinen. M, W:
Maennchen
, Weibchen. I-IV: Laufbeine l-IV. n = je 10 crcr und 99.
Abb.12:
Comaroma simonii
. Prolateralansicht des Metatarsus I des
Maennchens
mit Porenfeldern. Inset: Detail zweier Porenfelder.
Der verdickte und mit
Porenoeffnungen
versehene Metatarsus I der
Maennchen
tritt auch bei der kalifornischen
Comaroma mendocino
auf, fehlt hingegen bei der japanischen
C. maculosa
(das
Maennchen
von
C. nakahirai
ist nicht bekannt) - dies
laesst
sich als Argument
fuer
ein
Schwestergruppenverhaeltnis
zwischen der
europaeischen
und der nordamerikanischen Art interpretieren.
Bei beiden Geschlechtern treten auf allen vier Laufbein-Tarsen sowie distal auf den Metatarsen ventral und z.T. auch lateral
kraeftige
, grob
gezaehnte
Borsten auf, mit drei bis sieben starren, geraden
Zaehnen
auf ihrer Ventralseite (KROPF 1990a, b). Diese Borsten sind in mehreren Reihen angeordnet und gehen nach dorsal resp. nach proximal in die normalen, schwach
gezaehnten
Koerperborsten
ueber
, ohne dass eine scharfe Grenze erkennbar
waere
. Sie dienen als Putzborsten (siehe oben). Ansonsten zeigen die Laufbeine von
Comaroma
keine besonderen Abweichungen von denen anderer
Araneoidea
.
Spaltsinnesorgane
Spaltsinnesorgane sind Mechanorezeptoren, die
Spannungsaenderungen
in der Kutikula messen (BARTH 1978). Sie
koennen
bei Spinnen als einzelne Schlitze in der Kutikula oder in Gruppen zusammengefasst (
"lyrafoermige
Organe") Vorkommen. Diese Sinnesorgane treten
gehaeuft
auf den Laufbeinen und Pedipalpen auf, sind jedoch auch an allen
moeglichen
anderen Stellen des
Koerpers
zu finden. Das
grundsaetzliche
Verteilungsmuster der Spaltsinnesorgane ist bei
Comaroma
dasselbe, wie bei anderen Spinnen, doch ist ihre Anzahl wesentlich kleiner: Bei der Radnetzspinne
Larinioides sclopetarius
(Clerck 1757) fand Vogel (1923)
ueber
4000 Spaltsinnesorgane, bei der Kammspinne
Cupiennius salei
(KEYSERLING 1877) melden Barth & Libera (1970) ca. 3300. Dem
gegenueber
besitzt
Comaroma
nur ca. 250 Spaltsinnesorgane, was wohl mit der Kleinheit der Art zu tun hat (Kropf 1998b). Auffallend ist, dass die Einzelspalte auf den Laufbeinen und Pedipalpen von
Comaroma
in hohem
Ausmass
variieren - keine zwei Tiere mit gleicher Anzahl und Position von Einzelspalten konnten gefunden werden, es konnten auch bei keinem einzigen Tier auf der linken und rechten
Koerperhaelfte
dieselben Zahlen von Einzelspalten nachgewiesen werden. Dies
laesst
sich wohl nur im Rahmen der
"Verzwergung"
als
zufaellige
Reduktion einer ehemals
groesseren
Anzahl von Spaltsinnesorganen deuten (KROPF 1998b).
Augen
Das
fuer
Comaroma
charakteristische
Phaenomen
der Augenreduktion wurde detailliert von Schuster & Moschitz (1984) und KROPF (1998a) besprochen. Es ist wohl vor dem Hintergrund des lichtarmen Lebensraumes (siehe oben) zu sehen. Die Augen sind
saemtlich
klein und
koennen
sowohl in ihrem Durchmesser als auch in ihrer Anzahl betraechtlich variieren. Insbesondere die vorderen Mittelaugen (VMA) neigen zur Reduktion, es
koennen
somit sechs, sieben oder acht Augen vorhanden sein. Bei den Tieren aus der Steiermark sind in V4 der
Faelle
alle acht Augen ausgebildet, bei den Tieren aus dem Westareal hingegen scheinen sechs Augen die Regel zu sein, wenngleich auch hier eines oder beide VMA ausgebildet sein
koennen
.
Abb
. 13:
Comaroma simonii
. Taster des
Maennchens
, Tibia (Ti) und Cymbium (Cy); Pfeil: Distale Schuppe der Tibia, a: Dorsalansicht, Schuppe unter dem Cymbium liegend; b: Prolateralansicht, Schuppe auf dem Cymbium liegend.
Maennlicher
Taster
Die Tibia des
maennlichen
Tasters
traegt
distal eine prolaterale
gewoelbte
Schuppe, welche die Gelenkstelle zum Cymbium
ueberdeckt
. In Ruhestellung bilden die Patella und die Tibia eine Achse, der
gegenueber
das Cymbium mit dem Bulbus nach
aussen
absteht. In dieser Lage befindet sich die Schuppe der Tibia unter dem Hinterrand des Cymbium (Abb. 13a, Pfeil). Das Cymbium ist um die
Laengsachse
Patella-Tibia sehr beweglich (fast 360°), wobei die Schuppe der Tibia die
Fuehrung
des Cymbium
uebernimmt
. Bewegt sich das rechte Cymbium - von hinten gesehen - um diese
Laengsachse
im Uhrzeigersinn (bzw. das linke Cymbium gegen den Uhrzeigersinn), so gleitet der Hinterrand des Cymbium so lange
ueber
die Schuppe der Tibia, bis die hintere prolaterale Ecke des Cymbium den retrolateralen Rand der Schuppe erreicht. In dieser Position
"springt"
der Hinterrand des Cymbium unter die Schuppe der Tibia, welche nun, auf dem Cymbium liegend (Abb. 13b, Pfeil), eine
Zurueckbewegung
des Cymbium gegen den
urspruenglichen
Drehsinn verhindert. Auf diese Weise werden also Cymbium und Bulbus in einer bestimmten Position fixiert.
Moeglicherweise
handelt es sich dabei um die Kopulationsstellung des
maennlichen
Tasters, doch wurde die Kopulation nie direkt beobachtet. Die beschriebenen Bewegungen lassen sich allerdings am frisch
getoeteten
Tier einfach
vollfuehren
; ferner findet man im fixierten Material beide Stellungen der Tibia-Schuppe relativ zum Hinterrand des Cymbium.
Das Cymbium (Abb. 14) ist
gewoelbt
und
ueberdeckt
den Bulbus im nicht expandierten Zustand beinahe ganz. Am Vorderrand befinden sich retrolateral ein charakteristisches, rechtwinkelig gebogenes und unbewegliches Paracymbium (Thaler 1978), und prolateral eine Reihe langer chemosensitiver Haare (schwarz
gefaerbt
in Abb. 14). Der Bulbus (Abb. 15-17) zeigt den
ueblichen
dreiteiligen Bau aus Subtegulum, Tegulum und Endapparat. Der Embolus ist
riemenfoermig
und
grossteils
schwarz und zeigt einen
haeutigen
, in eine Spitze ausgezogenen oberen Anteil. Seine Basis ist zu einer harten, nach vorne weisenden Spitze
verlaengert
. Weiters
faellt
ein medianer,
membranoeser
Fortsatz auf, sowie eine
grosse
loeffelartige
Apophyse mit gedrehter Spitze, an deren Basis sich ein charakteristischer Dom befindet und die vermutlich entlang einer helleren Zone abgeknickt werden kann. Die distale
Haematodocha
ist mit feinen
Zaepfchen
besetzt (Abb. 18).
Abb. 14:
Comaroma simonii
. Cymbium von vorne. Schwarz dargestellt: chemosensitive Haare.
Abb
. 15-
17
:
Comaroma simonii
. Tibia und Tarsus des
maennlichen
Tasters.
Veraendert
nach Kropf (1990a). 15: Ansicht von ventral. 16: Ansicht von prolateral. 17: Ansicht von retrolateral. E = Embolus; MF =
Membranoeser
Fortsatz; SEB = Spitze der Embolus-Basis; ST = Subtegulum; T = Tegulum.
Uber die Funktion der verschiedenen Anteile des Bulbus kann nur spekuliert werden. Das Paracymbium dient
moeglicherweise
dazu, das Subtegulum
waehrend
des Expandierens bei der Kopulation zu fixieren, die
loeffelartige
Apophyse
koennte
dazu dienen, den Eingangsschlitz der Epigyne zu
oeffnen
(Kropf 1990a).
Epigyne und Vulva
Die Epigyne ist nicht vom umgebenden ventralen Scutum des Weibchens zu unterscheiden. Ihr Eingang ist
schlitzfoermig
und
"W"-aehnlich
gestaltet (Abb. 19) und liegt innen in der Epigastralfurche. Die Vulva (Abb. 20) scheint von
aussen
durch das ventrale Scutum hindurch. In den paarigen Receptacula seminis wird das Sperma gelagert (Abb. 21). Der Gang, der von der
Einfuehroeffnung
zu den Receptacula
fuehrt
, ist
ungewoehnlich
gebaut. In seinem hinteren Bereich zeigt er ein
schlitzfoermiges
Lumen und muss wohl als
Einfuehrgang
fuer
den riemenfoermigen Embolus dienen. Im vorderen Bereich erweitert sich das Lumen zu einem ventralen Ganganteil, welcher aber mit einem kleineren dorsalen Gang
ueber
einen kurzen Schlitz verbunden ist (Abb. 22). Dieser dorsale Gang kommt von je einer
maechtigen
Druese
, welche innen am Receptaculum sowie weiter hinten an einer bestimmten Stelle im mittleren Bereich der Vulva befestigt ist (Abb. 19, 22, 23). Dort
muendet
sie
ueber
zahlreiche feine
Roehrchen
in die Vulva ein (Abb. 24) und bildet so den
Abb
. 20:
Comaroma simonii
. Vulva von dorsal.
Abb. 22:
Comaroma simonii
. Vulva. Querschnitt durch den vorderen Bereich des
Einfuehrganges
. D =
Druese
.
Abb. 21:
Comaroma simonii
. Aufgebrochenes Receptaculum seminis mit Spermien.
Abb. 18:
Comaroma simonii
.
Maennlicher
Taster,
Zaepfchen
der distalen
Haematodocha
.
Veraendert
nach Kropf (1990a).
Abb. 19:
Comaroma simonii
. Epigyne und Vulva von dorsal. D =
Druese
; R = Receptaculum seminis; U = Uterus externus; Pfeil =
Einfuehroeffnung
Abb
. 23:
Comaroma simonii
. Vulva. Sagittalschnitt durch den medialen Bereich des Receptaculum seminis. D =
Druese
; R = Receptaculum seminis; U = Uterus; Pfeil = Epigastralfurche.
R kleinen dorsalen Gang. Das Sekret dieser
Druese
muss somit nach vorne zum Receptaculum gelangen. Ob es zur Versorgung der Spermien dient, oder zum Aktivieren und Ausleiten des Spermas zwecks Befruchtung der Eier, ist unbekannt. Ein
aehnlicher
, funktionell zweigeteilter Gang wurde auch in der Vulva von
Pseudanapis hoeferi
Kropf
1995 (
Anapidae
) gefunden, doch dient bei dieser Art der ventrale Ganganteil zwar als
Einfuehrgang
, der dorsale aber als Befruchtungsgang (Kropf 1990a).
Abb. 24:
Comaroma simonii
. Vulva.
Einmuendungsstelle
der
Druese
(Umriss punktiert) in den Gangbereich (Pfeil). R = Receptaculum seminis.
Ausblick
Obwohl
ueber
Comaroma
nunmehr weit mehr bekannt ist, als noch vor wenigen Jahren, bleiben wichtige Fragen offen. So ist das Zusammenspiel der
maennlichen
und weiblichen Kopulationsorgane nicht untersucht; solange dies nicht geschehen ist,
koennen
die komplizierten Genitalstrukturen in ihrer Funktion nicht verstanden werden. Ein molekularbiologischer Vergleich der Populationen des Westareals mit denen des mitteleuropaeischen Areals
waere
lohnend und
koennte
Aufschluss
ueber
glazial bedingte geographische Separation zwischen den beiden Gruppen geben. Das Hauptargument
fuer
die Familienzuordnung zu den
Anapidae
(WUNDERLICH 1986; Kropf 1990a;
Schuett
2003), der skierotisierte
"Sporn"
am Labrum, ist in seiner Funktion nicht verstanden - KROPF (1990a) vermutete eine stabilisierende Funktion der Cheliceren in der Ruhelage. Die Phylogenie der Gattung ist
ungeloest
, sieht man vom wahrscheinlichen Schwestergruppenverhaeltnis von C.
simonii
und
C. mendocino
ab. Die
kuerzlich
beschriebene
C. tongjunca
waere
aufgrund ihrer offenbar stark abweichenden Genitalmorphologie zu
ueberpruefen
. Das
Maennchen
von
C. nakahirai
ist nach wie vor unbekannt.
Schliesslich
ist eine
Fuelle
morphologischer Details (Kropf,
unveroeff
.) von
Comaroma
bekannt, deren vergleichende Untersuchung an anderen Kleinspinnen lohnend
waere
und uns einem vertieften funktionellen
Verstaendnis
des
Spinnenkoerpers
und der Phylogenie der Spinnen
naeher
bringen
koennte
.