Holarktische Bienenarten - autochthon, eingeführt, eingeschleppt
Author
Ebmer, A. W.
text
Linzer biologische Beiträge
2011
2011-07-25
43
1
5
83
journal article
8372
10.5281/zenodo.4524335
3521b9ea-1966-43de-9660-e56c258390f3
0253-116X
4524335
Colletes impunctatus
NYLANDER 1852
Abb. 4
,
♀
,
Abb. 5, 3
, Seite 75.
In der Paläarktis auffällig disjunkt verbreitet: "Ostsibirien und
Mongolei
... In Europa lebt die Art im Norden (Skandinavien,
England
, Nordrussland), in den Alpen und hie und da in den nördlichen Teilen des mitteleuropäischen Gebietes (Rossiten, Minsk u.s.w.)" (
NOSKIEWICZ 1936: 433
). Diese groben Angaben vor Jahrzehnten können nun ein wenig präzisiert werden. In
Schweden
nördlich bis Torne lappmark, ca
N68
°
(
ERLANDSSON et al. 1988: 162
), in
Finnland
bis Kilpisjärvi ca
N68
°
(
ELFVING 1968: 10
); neue und genaue Daten aus
England
liegen mir nicht vor. Rezent auf den Dünen der Friesischen Inseln, wie beispielsweise auf Amrum,
5.8.1975
,
1♀
, und hier abweichend von den Erfahrungen in den Alpen auf
Jasione montana
(
HAESELER 1976: 73
). Rossiten auf der Kurischen Nehrung, Ostsee, gehört nun als Rybacij zu
Russland
.
In den Alpen eher in den Westalpen verbreitet:
Frankreich
, Lac de la Sassiere 10kmE Tignes,
2400m
,
N45.26
E6.57
,
15.8.1993
,
1♀
533, leg. Kuhlmann (Brief
12.4.2002
) als westlichster Fund. In den Westalpen hält
Colletes impunctatus
(neben
Osmia inermis
) einen Höhenrekord an Kleinbienen mit
3000m
am Gornergrat (
Schweiz
,
Wallis
, südöstlich von Zermatt), und ist in der Gegend von Zermatt durchaus häufig. Verbreitungskarte für die
Schweiz
bei
AMIET et al. 1999: 40
, südlich des Alpenhauptkamms, vom
Wallis
bis Graubünden, nur an
Fabaceae
gefangen, vor allem an
Trifolium
. In den Ostalpen häufig vom Nationalpark Graubünden über die Ortler-Gruppe (oberhalb Sulden, leg. Ebmer) bis in die Ötztaler Alpen, Vinschgau, Schnalstal – Tisental, ca
N46.44
E10.50
,
2030-2400m
, nur an
Trifolium
, leg. Wiesbauer und Ebmer. Östlich der Ötztaler Alpen gibt es keine sicheren Funde, und alle Literaturmeldungen erwiesen sich als Fiktion! Die Zillertaler Alpen sind apidologisch völlig unerforscht. Im Nationalpark Hohe Tauern Kärnten habe ich
C. impunctatus
trotz intensiver Suche in vielen Sommern nicht gefunden, und wäre durch die Anflugpflanze
Trifolium
leicht zu finden. Als Erklärung vermute ich, dass in den Warmzeiten wie zuletzt im Atlanticum bei den massereichen Ötztaler Alpen die Art genügend Platz hatte, in höhere Zonen auszuweichen, während in den Tauern die Grate und Spitzen in den höheren Zonen zu wenig Platz bieten.
Colletes impunctatus
wird als polylektisch mit einer ausgeprägten Vorliebe für
Fabaceae
erkannt (MÜLLER & KUHLMANN 2008: 726).
Wie weit ein Vorkommen in Nordrussland kontinuierlich nach Osten vorliegt, ist mangels publizierter Funde völlig unbekannt. In den Gebirgen Zentralasiens fehlend. In der
Mongolei
die mit Abstand häufigste Art der Gattung, scheint fast überall vorzukommen, und zeigt dort eine ausgeprägte Variabilität der Tergitpunktierung (KUHLMANN & DORN 2002: 97). Der aus der
Mongolei
angegebene Blütenbesuch umfasst ein deutlich breiteres Artenspektrum als von den Alpen, mit Bevorzugung von
Trifolium
bekannt. In der Ostpaläarktis Russlands weit verbreitet: Zaibalkij kraj, Jakutien, Gebiete von Chabarovsk und Amur, Kamtschatka, südlich in der Primorskij-Region, Sachalin und Kurilen-Insel Kunashir (
PROSHCHALYKIN 2008: 3
), aber leider keine Angaben von Anflugpflanzen.
Erkennen der Art als holarktisch:
STEPHEN (1954)
.
In der Nearktis wird
C. impunctatus
lacustris
SWENK
1906 in
der Revision von
STEPHEN (1954)
gemeldet, der
C. impunctatus
als holarktisch erkannt hat. In den
USA
von
Maine
,
New Hampshire
,
Michigan
,
Wisconsin
und
Minnesota
;
Alaska
. In
Kanada
von
New Brunswick
über den Kontinent nach Westen bis
British Columbia
,
Yukon
,
Northwest Territories
(
HURD 1979: 1755
;
MITCHELL 1960: 41
).
KUHLMANN (2000: 179)
stellt
C. impunctatus
in die
C. clypearis
-Artengruppe, zu der er in der Paläarktis 18 Arten anführt. HURD kennt diese Artengruppe nicht und stellt für
C. impunctatus
eine eigene Artengruppe auf. "
C. impunctatus
ist die einzige holarktische
Colletes
. Die von Swenk als Unterart bewertete
lacustris
fällt morphologisch aber in die Variationsbreite dieser in der Ostpaläarktis sehr variablen Art, so dass eine Abtrennung als Unterart meines Erachtens nicht gerechtfertigt ist. Neben
C. impunctatus
gibt es nur einige holarktische
Colletes
- Artengruppen, die in einer in Vorbereitung befindlichen Phylogenie von
Colletes
von mir behandelt werden" (Kuhlmann brieflich
8.1.2009
).
C. impunctatus
ist wahrscheinlich im Pleistozän über die Beringia in die Nearktis eingewandert. Diese beoreo-montane Art und einige weitere der
C. clypearis
-Gruppe sind in den Gebirgen des nördlichen Eurasien verbreitet. Das einzige nearktische Taxon dieser Artengruppe ist
C. i. lacustris
SWENK, mit einer Verbreitung auf den borealen Teil Nordamerikas beschränkt. Es bestehen keine wesentlichen morphologischen Unterschiede dieser Art in beiden Regionen. Die klimatischen und ökologischen Bedingungen der warmen Steppe der Beringia während des Pleistozäns waren ausreichend für ein Überleben und Einwanderung in die Nearktis (
KUHLMANN et al. 2009: 314
, und dort auch weitere Zitate zu dieser Frage).
SLADEN (1919: 124)
nennt
C. cunicularius
(L.) im Vergleich mit der ähnlichen
C. inaequalis
SAY 1837
, ohne jedoch
C. cunicularius
für die Nearktis festzustellen. Gegen eventuelle Missverständnisse möchte ich festhalten, dass durch die fundierten Kenntnisse von KUHLMANN in der Gattung
Colletes
nur
C. impunctatus
als holarktisch verbreitet bekannt ist.