Gramineae

Hess, Hans Ernst, Landolt, Elias & Hirzel, Rosmarie, 1972, Flora der Schweiz und angrenzender Gebiete. Band 1. Pteridophyta bis Caryophyllaceae (2 nd edition): Registerzuband 1, Birkhaeuser Verlag : 388-227

publication ID

https://doi.org/ 10.5281/zenodo.291815

persistent identifier

https://treatment.plazi.org/id/A7759802-5216-AD05-6DD2-8C9013A5D1F7

treatment provided by

Donat

scientific name

Gramineae
status

 

Gramineae ( Poaceae )

Echte Gräser, Süßgräser

1 jährige, 2 jährige oder ausdauernde Kräuter (verholzt sind Bambusoideae ). Feste Horste bildend ( sekundäre Triebe wachsen innerhalb der grundständigen Scheiden empor, sind intravaginal) oder lockere Horste bildend ( sekundäre Triebe durchbrechen die grundständigen Scheiden, sind extra-vaginal); unterirdische Ausläufer oft vorhanden (sie entstehen nur aus extravaginalen Trieben); oberirdische Ausläufer seltener. Oft blühende und nicht blühende (sterile) Triebe vorhanden (vor allem bei den ausdauernden Arten). Stengel (Halme) über dem Boden meist nicht verzweigt, im Querschnitt meist rund, nie scharf 3kantig (Unterschied zu vielen Cyperaceae !), in Knoten und Internodien gegliedert; Knoten meist über den Stengel verteilt, bei Molinia und Hierochloe alle Knoten am Stengelgrund beisammen und dort eine Verdickung bildend; Internodien meist hohl, ausgefüllt bei Zea Mays , einigen Andropogonoideae und Panicoideae . Knoten meist nicht hohl, an niederliegenden Stengeln oft Wurzeln treibend. Blätter am Stengel 2zeilig angeordnet, nicht gestielt (bei Bambusoideae mit Stiel), in Blattspreite und Blattscheide gegliedert: Blattspreite (in den Diagnosen meist bloß als Blatt bezeichnet) schmal lanzettlich bis parallelrandig (breit lanzettlich bis oval bei Hoplismenus ), mit stumpfer, kurzer oder allmählich verschmälerter Spitze, mit parallel angeordneten Leitbündeln (Blattnerven), in der Knospenlage einfach gefaltet oder eingerollt; am Grunde der Spreite, dem Stengel anliegend, meist ein Blatthäutchen vorhanden, das auch durch einen Haarkranz ersetzt sein kann, zudem gelegentlich abstehende oder den Stengel umfassende Zipfel ( Blattöhrchen) vorhanden; Blattscheide den Stengel umfassend, meist bis zum Grunde offen (ca. ⅔ der Arten), seltener geschlossen oder teilweise geschlossen ( Ränder mit einem dünnen Gewebe verwachsen); unterirdische Blattscheiden ohne Blattspreite. Gesamtblütenstand (aus Ährchen zusammengesetzt) eine Rispe, Traube, Scheinähre ( Ährchenstiele sehr kurz und Blütenstand deshalb ährenartig), seltener eine echte Ähre ( Ährchen auf der Hauptachse sitzend); die Scheinähren und Ähren sind meist einzeln am Ende der Stengel, selten zu mehreren strahlenförmig oder traubig angeordnet. Die Blüten sind in 1 - bis mehrblütigen Ährchen vereinigt: ein Ährchen wird unten durch die Hüllspelzen abgeschlossen (der Begriff des Ährchens wird nur bei den Gramineae verwendet und ist nicht mit dem Begriff der Ähre, der einen bestimmten, in vielen Familien vorkommenden Blütenstand beschreibt, zu verwechseln). Spelzen 2zeilig angeordnet, bei Hordeum und Elymus kreuzständig. Hüllspelzen 0-4: 0 Hüllspelzen bei Leersia und Nardus ; 1 Hüllspelze bei den seitenständigen Ährchen von Lolium , Lepturus und Psilurus (bei allen 3 Gattungen ist der Blütenstand eine Ähre); 2 Hüllspelzen sind am häufigsten (bei unsern Arten mit mehrblütigen Ährchen macht nur Lolium eine Ausnahme); 3 Hüllspelzen bei Andropogoneae (im Sinne von Pilger 1940) und den Gattungen Digitaria , Panicum , Echinochloa , Hoplismenus und Setaria (alles Gattungen mit 1 blütigen Ährchen [oft noch eine sterile Blüte vorhanden], die zu den Panicoideae gehören); 4 Hüllspelzen bei den Gattungen Typhoides, Phalaris und Anthoxanthum . Die Hüllspelzen können als Hochblätter gedeutet werden. Jede Blüte besitzt 1 Deckspelze und auf der entgegengesetzten Seite darüber 1 Vorspelze (Vorspelze nur bei einigen Arten der Gattungen Alopecurus und Agrostis nicht vorhanden). Die Deckspelze (stets vorhanden) kann als Tragblatt, die Vorspelze als Rest des äuβern Perigonkreises angesehen werden. Als zum innern Perigonkreis gehörig werden die meist 2 (1 bei Melica , 3 bei Bambusoideae ) Schwellkörper oder Lodiculae bezeichnet, die zur Blütezeit die Spelzen zum Spreizen bringen (diese kleinen Gebilde sind in den Diagnosen nicht erwähnt, da sie für die Bestimmung entbehrlich sind). Blüten zwitterig, seltener eingeschlechtig. Staubblätter meist 3, seltener 6 ( Bambusoideae , Oryza ) oder 2 ( Anthoxanthum , Hierochloe ) oder 1 ( Vulpia ), Staubbeutel auf dem Rücken mit dem Staubfaden verwachsen (Unterschied zu den Cyperaceae !). Fruchtknoten 1, oberständig, 1samig, meist mit 2 Narben. Frucht eine Karyopse (Fruchtwand und Samenschale verwachsen), die zur Reifezeit meist von Vor- und Deckspelze umgeben bleibt und mit diesen zusammen abfällt.

Die Familie der Gramineae umfaßt nach Pilger (1954), unter Ausschluß der Bambusoideae , 556 Gattungen mit über 10000 Arten (nach Engler 1964 sind es total etwa 700 Gattungen mit etwa 8000 Arten); sie ist über die ganze Erde verbreitet: Überall, wo Blütenpflanzen vorkommen, sind auch Gräser vorhanden. Keine andere Familie bestimmt den floristischen Aspekt so vieler und meist weit ausgedehnter Pflanzengesellschaften (Wiesen, Savannen, Steppen) und enthält so viele Nähr- und Futterpflanzen (Getreide, Zuckerrohr, Wiesen- und Weidegräser).

Moderne systematische Einteilung der Familie der Gramineae von Pilger (1954) : 9 Unterfamilien, davon sind die 5 folgenden bei uns ursprünglich vertreten: Andropogonoideae ( Bothriochloa bis Sorghum ), Panicoideae ( Digitaria bis Setaria ), Oryzoideae ( Leersia ), Eragrostoideae ( Eragrostis , Heleochloa , Cynodon , Tragus ), Festucoideae ( übrige Gattungen); Einteilung der Unterfamilien in Tribus, Subtribus und Gattungen ( für alle Einteilungen Schlüssel vorhanden); Angaben über Verbreitung der Gattungen; Chromosomengrundzahlen; jedoch keine Angaben über Artenzahl der Gattungen; keine Abbildungen; für Bestimmungszwecke schwierig).

Zu einer ähnlichen Einteilung der Gramineae kommt Prat (1960) durch Arbeiten eines Teams (neben äußern Merkmalen werden Histologie, Zytologie, Physiologie, Chemie, Ökologie usw. berücksichtigt).

Den Gramineae wird die größte Zahl experimenteller Untersuchungen gewidmet (wirtschaftliche Bedeutung). So zitieren Carnahan und Hill (1961) 679 zytologische und genetische Arbeiten aus den Jahren 1946-1960. Chromosomengrundzahlen sind alle Zahlen von n = 5 bis n = 13. Polyploidie ist häufig. Bei 74 Arten ist Apomixis festgestellt. Viele Gräser sind Windbestäuber (Fremdbefruchter); extreme Selbstbefruchter blühen kleistogam ( Staubblätter bleiben in den Spelzen eingeschlossen, Blütenstand zu dieser Zeit oft auch noch von der obersten Blattscheide umhüllt).

Bastarde kommen in der Familie der Gramineae häufig vor: Knobloch (1963) erwähnt 2002 Bastardkombinationen aus 64 Gattungen. Die Familie der Gramineae ist verhältnismäßig reicher an Bastarden als die beiden größten Familien, die Orchidaceae und die Compositae.

Als neuere Spezialliteratur zur Systematik unserer Gräser erwähnen wir Klapp (1965), mit Schlüsseln für die Bestimmung auch in nicht blühendem Zustande, Angaben über den Standort und über den Nutzen der einzelnen Arten, 750 Abbildungen, worunter zahlreiche Abbildungen von Blattquerschnitten. Hitchcock (1935) stellt die nordamerikanischen Gräser dar: Schlüssel, Diagnosen, Standorts- und Verbreitungsangaben, 1696 Abbildungen, keine Histologie; der vielen gemeinsamen Gattungen und Arten wegen ist das Buch auch für unsere Flora gut verwendbar. In ähnlicher Weise beschreibt und zeichnet Hubbard (1954) 152 englische Gräser. Einzelne Monographien sind bei den betreffenden Gattungen zitiert.

Phylogenetischen Überlegungen folgend, werden in neuesten Florenwerken oft die Gräser mit mehrblütigen Ährchen vorangestellt; aus praktischen Gründen weichen wir indessen nur wenig von der bei uns bisher gebräuchlichen Reihenfolge ab.

Anleitung zum Bestimmen der Gramineae

Für die Bestimmung vieler Gräser ist eine wenigstens 10fach vergröβernde Lupe notwendig, die an einem Stativ befestigt werden kann, so daß beide Hände für die Präparation der Spelzen frei werden; zudem braucht man ein helles Licht von oben (Auflicht), eine feine Präpariernadel und eine Pinzette. Am einfachsten ist blühendes Material zu untersuchen, da zu dieser Zeit die Spelzen gespreizt sind. Obwohl der Schlüssel zur Bestimmung der Gattungen fast nur auf Merkmale im Blütenstand aufgebaut ist, müssen die Pflanzen sorgfältig mit den Wurzeln gesammelt werden. Man untersuche und notiere die Merkmale in der folgenden Reihenfolge und untersuche stets mehrere Ährchen:

Kingdom

Plantae

Phylum

Tracheophyta

Class

Liliopsida

Order

Poales

Family

Gramineae

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